Mannheim
An der Erstellung der Mannheimer Gedenksteine waren Schülerinnen und Schüler des Liselotte-Gymnasiums Mannheim, das Kinder- und Jugendwerk Mannheim und die Evangelische Schüler und Schülerinnenarbeit beteiligt.
Beschreibung des Gedenksteines
Der Mannheimer Memorialstein ist aus roten Ziegeln gemauert. Seine kubische Form erinnert an ein fensterloses Haus aber auch an ein kompaktes, undurchdringliches Verlies. Er ist zum Himmel hoch offen. In seinem Inneren liegen Scherben, die das von oben einfallende Licht wiederspiegeln.
Jüdische Ortsgeschichte
In Mannheim besteht eine jüdische Gemeinde seit der Mitte des 17. Jahrhunderts, unterbrochen durch die Verfolgungsjahre in der NS-Zeit des Nationalsozialismus 1940-45.
Die ersten jüdischen Familien, die sich in den 1650er-Jahren in Mannheim niederließen, gehörten teils den askenasischen (deutschen), teils den sefardischen (spanischen) Juden aus Portugal an. 1660 erhielten sowohl die „deutschen Juden“ wie die „Portugiesen“ von Kurfürst Karl Ludwig eine „Konzession“. 1771 lebten 247 jüdische Familien in der Stadt. Die jüdische Gemeinde entwickelte sich rasch und nahm im 18. Jahrhundert durch den Umzug des kurfürstlichen Hofes von Heidelberg nach Mannheim einen großen Aufschwung. Die meisten Mannheimer Juden jener Zeit verdienten ihr Einkommen als Kaufleute und Handwerker, daneben gab es die schmale Oberschicht der Hoffaktoren.
Am wirtschaftlichen Aufschwung Mannheims im 19. Jahrhundert waren auch die jüdischen Einwohner beteiligt. Sie betrieben Tuch-, Eisen-, Getreide- und Tabakhandelsfirmen, Zigarrenfabriken und Brennereien. Weit über Mannheim hinaus waren bekannt das Bankhaus Ladenburg, der 1838 gegründete Verlag von J. Bensheimer für rechts- und staatswissenschaftliche Literatur sowie die Rheinische Gummi- und Celluloid-Fabrik der Gebrüder Bensinger. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde 1925 mit 6.972 Personen (2,8 % der Einwohnerschaft) erreicht. Das Mannheimer Judentum spielte eine bedeutende Rolle in allen Bereichen des städtischen Lebens, insbesondere im kulturellen.
Anfang 1936 wurde in Mannheim eine Auswanderungsberatungsstelle des Hilfsvereins der Juden in Deutschland eingerichtet. Vor dem Novemberpogrom 1938 waren bereits mehr als 3.000 Mannheimer Jüdinnen und Juden ausgewandert oder in andere Städte verzogen; bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges folgten ihnen noch weitere 1.000. Die Zurückgebliebenen zwang man in „Judenhäuser“ zu ziehen; in manchen Wohnungen sollen 20 bis 30 Menschen auf engstem Raum gewohnt haben.
Am 22. Oktober 1940 wurden aus Mannheim etwa 2.400 Jüdinnen und Juden nach Südwestfrankreich verschleppt. Die nationalsozialistischen Machthaber schreckten nicht davor zurück, selbst die Bewohner von Altenheimen und Krankenhäusern abzuholen. Kurt Weigert, der Leiter der Mannheimer Klinik, berichtete: „Im Israelitischen Krankenhaus herrschte ein Chaos.“ Oskar Althauser erinnerte sich an seine Abholung: „Wir wurden durch die Straßen geführt! Ich werde nie vergessen, wie zwei Frauen, die am Straßenrand standen, etwa auf der Höhe des Quadrates C 3/C 4, die Taschentücher an den Mund pressten und im Vorbeigehen uns zuflüsterten: ‚Für das werden wir noch einmal büßen!‘“
In der NS-Zeit kamen von den 1933 in Mannheim wohnhaften 6.402 jüdischen Einwohnern mindestens 1.300 ums Leben.
Die nach dem Krieg wiedergegründete jüdische Gemeinde Mannheim hatte 2012 etwa 500 Mitglieder.
Zeugnisse
Y1987 wurde die neue Mannheimer Synagoge eingeweiht.
▌In den Planken steht seit 2003 ein Mahnmal in Form eines großen transparenten Glaswürfels. Auf dem Glaskubus stehen in Spiegelschrift die Namen der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus.
▌Vor dem Mannheimer Hauptbahnhof wurde 2006 ein Wegweiser „Gurs 1170 km“ enthüllt.