Eichstetten
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Gedenkstein in Eichstetten

48.0942687, 7.7413605

Deportation

Am 22. Oktober 1940 wurden die 30 noch in Eichstetten lebenden Jüdinnen und Juden mit Busen zum Freiburger Bahnhof gefahren, unter ihnen Flora Hene und in ihre Kinder Wiltrude (geb. 1927) und Harry Rolf (1934).  Flora Hene wurde von den Nationalsozialisten am 28. August 1942 vom Sammellager Drancy aus nach Auschwitz verschleppt. Mit Hilfe der jüdischen Œuvre de secours aux enfants (OSE) und dem Schweizer Roten Kreuz bzw. und Mitgliedern der französischen Résistance überlebten sie die Zeit der Verfolgung im Versteck.

Jüdische Ortsgeschichte

Die ersten jüdischen Familien zogen Anfang des 18. Jahrhunderts aus der Schweiz und aus dem Elsass nach Eichstetten. Ihre höchste Zahl erreichte die israelitische Gemeinde um 1871 mit 420 Personen. 1875 machten die 359 im Dorf lebenden Jüdinnen und Juden 14 % der Einwohnerschaft aus. Sie wohnten vor allem im Bereich des Altwegs und der Eisengasse, der früheren Judengasse. Hier stand die um 1829/30 erbaute Synagoge mit Ritualbad (Altweg 10), dort liegt auch der 1809 gegründete jüdische Friedhof. 1933, als die jüdische Gemeinde nur noch 63 Mitglieder umfasste, zählte man 14 Viehhändler im Dorf, einen Metzger, einen Weinhändler, einen Mehlhändler und ein jüdisches Textilgeschäft, sowie ein Vertrieb für Getreide, Mehl, Futtermitteln und Sämereien.

Am 10. November 1938, während des Novemberpogroms, zerschlugen Freiburger SA- und SS-Männer die Inneneinrichtung der Eichstettener Synagoge und steckten sie in Brandt. Die im Ort lebenden 18 jüdischen Männer wurden unter Schmähungen durchs Dorf geführt und am Tag danach in das KZ Dachau verbracht, wo sie mehrere Wochen festgehalten wurden. Siegfried Bloch und Abraham Dreifuß kamen nicht zurück, sie sind in Dachau ermordet worden.

In der NS-Zeit sind mindestens 37 der Eichstetter Jüdinnen und Juden ums Leben gekommen, darunter viele der am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportierten.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

Von der Eichstettener Synagoge sind noch Reste der Umfassungsmauer erhalten (Altweg 10). Eine Gedenktafel weist auf ihre Zerstörung hin.

Friedhof

Auf dem jüdischen Friedhof an der Straße im Längetal stehen etwa 470 Grabsteine.

Stolpersteine

Seit 2003 werden in Eichstetten „Stolpersteine“ verlegt: www.eichstetten.de/ortsinfo/geschichte/stolpersteine/stolpersteine.htm

Quellen
Huggle, Ursula: Angeklagt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit: die Pogromnacht in Freiburg, Breisach, Ihringen und Eichstetten im Spiegel des Prozesses von 1949. In: ZGO 149 (2001), S. 437-469
Weiblen, Christina / Baumann, Ulrich: Die jüdische Gemeinde Eichstetten im 19. und im 20. Jahrhundert, in: Steffens, Thomas: Eichstetten. Die Geschichte des Dorfes, Bd. 2, Eichstetten 2000, S. 109-161
Steffens, Thomas: Die ersten acht Jahrzehnte der jüdischen Gemeinde, in: Steffens, Thomas: Eichstetten. Die Geschichte des Dorfes, Bd. 1, Eichstetten 1997, S. 231-234