Offenburg
96

Gedenkstein in Offenburg

48.47398, 7.951345

Zwei Schüler*innen haben den Offenbrurger Gedenkstein geschaffen.
Deportation

Am 22. Oktober 1940 wurden aus Offenburg 98 jüdische Menschen nach Südwestfrankreich in das Lager Gurs verschleppt. Clementine Neu, die Ehefrau des Vorstandes der damaligen israelitischen Gemeinde Offenburg, war eine von ihnen: „Am 22. Oktober (1940) erschienen in unserer Wohnung zwei SS-Leute mit der Aufforderung, in einer Stunde hätten wir das Haus zu verlassen. Wir sollten so wenig wie möglich mitnehmen, da wir es wahrscheinlich streckenweise zu tragen hätten. […] Unten wartete schon mit Ungeduld der Fahrer, der uns an die Realschule brachte. Dort sahen wir nicht nur unsere Offenburger Gemeinde, sondern die Juden der ganzen Umgebung von Lahr bis Bühl. Ein Bild unsagbaren Jammers. Fast lauter alte Leute, die Jugend war größtenteils ausgewandert. Zum Teil angezogen, mit und ohne Hut und noch in Küchenschürzen. Ich hatte drei Kleider und zwei Mäntel auf dem Leib, Polizei und Gestapo waren natürlich da und auch die Herren Notare der Stadt. Wir mussten unterschreiben, dass wir unseren ganzen Besitz der Reichsvertretung der Juden in Berlin vermachten.“ Nur 36 der 98 Deportierten aus Offenburg konnten das Ende des Zweiten Weltkrieges überleben.

Jüdische Ortsgeschichte

Die Angehörigen der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde Offenburgs wurden während der Pestverfolgungen 1349 aus der Reichsstadt ausgewiesen bzw. ermordet. Eine zweite jüdische Gemeinde bestand zwischen 1632 bis 1680. Nach der rechtlichen Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung des Großherzogtums Baden im Jahr 1862 zog es viele jüdische Kaufleute und ihre Familien aus den Ortenauer „Judendörfern“ in die ihnen bis dahin verschlossenen Stadt. Der Vorstand der 1866 gegründeten israelitischen Gemeinde Offenburgs setzte sich in den Anfangsjahren ausschließlich aus ehemaligen Diersburger zusammen. 1875 ließ diese das Gasthaus „Zum Salmen“ in ein Gemeindezentrum mit Synagoge umbauen. Die jüdischen Neubürger gründeten Betriebe und Geschäfte und trugen so zum wirtschaftlichen Lebens Offenburgs bei. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1900 mit 337 Personen (2,5 % der Einwohnerschaft) gezählt.

 

In der NS-Zeit kamen von den 271 im Jahr 1933 in Offenburg registrierten jüdischen Personen mindestens 97 ums Leben.

 

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

Das ehemalige Gasthaus „Salmen“ (Lange Straße 52) beherbergte den Betsaal der israelitischen Gemeinde und ab auch 1893 das Rabbinat Offenburg-Schmieheim. Heute ist der „Salmen“ ein Kulturzentrum mit einer Gedenkstätte für die in der NS-Zeit verfolgten Offenburger Jüdinnen und Juden. Kontakt: Museum im Ritterhaus.

Friedhof

In der jüdischen Friedhofsabteilung des alten städtischen Friedhofs stehen neben Grabsteinen mehrere Mahnmale für jüdische und nichtjüdische Opfer des Nationalsozialismus aus Offenburg.

Andere Zeugnisse

Unter dem Haus Glaserstraße 8 befindet sich ein jüdisches Ritualbad über dessen Erbauungszeit unterschiedliche Einschätzungen vorliegen (mit musealer Aufbereitung, Kontakt: Museum im Ritterhaus).

Quellen
Ruch, Martin: Verfolgung und Widerstand in Offenburg 1933-1945, Offenburg 1995
Ruch, Martin: Jüdisches Offenburg: Einladung zu einem Rundgang, Haigerloch 1999
Ruch, Martin: Geschichte der Offenburger Juden: Jiskor: Erinnere Dich! Norderstedt 2011