Bödigheim (Buchen)
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Gedenkstein in Bödigheim

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Deportation

Am 22. Oktober 1940 wurden die sechs noch in Bödigheim lebenden Jüdinnen und Juden in das Lager Gurs deportiert. Am 30. November 1940, nur wenige Wochen nach der Ankunft im Lager, verstarb Ferdinand Haas; er ruht auf dem Lagerfriedhof von Gurs. Mit Hilfe der französischen Polizei wurden Edwin und Stefanie Haas und Philipp Ferdinand Haas von den Nationalsozialisten im August 1942 aus dem Lager Gurs über das Sammellager Drancy nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet. Auch das Ehepaar Max und Rosa Neumann wurde nach Auschwitz verbracht. Zuvor hatte es seinen 1932 geborenen Sohn Robert in die Obhut einer Hilfsorganisation gegeben, die den geistig behinderten Jungen vor der französischen Polizei und vor der deutschen Wehrmacht in Sicherheit brachte.

Von den 16 1933 in Bödigheim gemeldeten jüdischen Einwohnern waren mindestens neun in der Zeit des Nationalsozialismus ums Leben gekommen.

Jüdische Ortsgeschichte

Nach Einschätzungen der lokalen Geschichtsforschung Bödigheims war das reichsritterschaftliche Dorf vom 14. Jahrhundert bis 1940 nahezu ununterbrochen von jüdischen Familien besiedelt. Der jüdische Friedhof Bödigheims diente durch die Jahrhunderte bis zu 30 jüdischen Gemeinden der Region als Begräbnisstätte. Seit dem 18. Jahrhunderts bis Anfang des 19. Jahrhunderts beherbergte Bödigheim das Rabbinatsgericht für die jüdischen Gemeinden in den reichsritterschaftlichen Orten der Region. Die meisten jüdischen Familien wohnten in der ehemaligen „Judengasse“, (Hindenburg-Straße / Teilstück ab der Kreuzgasse), dort steht heute noch das 1828 erbaute Synagogengebäude. Ihre höchste Mitgliederzahl erreichte die israelitische Gemeinde um 1836 mit 119 Personen (10 % der Einwohnerschaft Bödigheims).

1933 lebten noch 16 Jüdinnen und Juden in Bödigheim. Vor 1938 sei es zu keinen Übergriffen gegen die jüdischen Einwohner gekommen, „da der größere Teil als ehemalige Mitglieder des Gesang-, Fußball-, oder Militärverein in freundlichem Verhältniss zur christlichen Bevölkerung stand“ (Hundsnurscher/Taddey). Am 10. November 1938 drang ein Gendarm aus Waldhausen in die Synagoge ein. Er schlug die Fenster ein und zerschmetterte die Betpulte der Männer. Nach dem Novemberpogrom 1938 zogen etliche jüdischen Bödigheimer in andere Orte. Sieben gelang die Emigration nach Großbritannien und in die USA.

Quellen
Landauer, Rudolf / Lochmann, Reinhart (Bearb.): Spuren jüdischen Lebens im Neckar-Odenwaldkreis, Dallau 2008
Hundsnurscher, Franz / Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale. Veröffentlichung der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Bd. 19, Stuttgart 1968, S. 47-49