Königsbach-Stein
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Gedenkstein in Königsbach-Stein

48.9662917, 8.607167

Deportation

Am 22. Oktober 1940 verhafteten die Nationalsozialisten das Ehepaar Sophie und Samuel Stern, die Geschwister Frieda und Moses Reutlinger, die Eheleute Hannchen und Jakob Wassermann mit Tochter Erna sowie Rosa Prager mit ihrer Tochter Alwine Fass und ihrer 1938 geborenen Enkelin Helga Fass - insgesamt zehn Personen. Bevor man die Verhaftete nach Pforzheim zum Weitertransport nach Südwestfrankreich brachte, sperrte man sie in den Keller des Königsbacher Rathauses. Nur vier der Königsbacher Deportierten überlebten den Holocaust: Alwine Fass und ihre Tochter Hela Prager (geb. 1938), die 1944 wieder nach Baden zurückkommen durften – vermutlich, weil Alwine Fass als Ehefrau eines „arischen“ Mannes eigentlich von einer Deportation ausgenommen war – und die 1926 geborene Erna Wassermann, die von Hilfsorganisationen aus dem Lager Rivesaltes geholt und in Heimen und zuletzt bei einer katholischen Familie bis zur Befreiung Frankreich 1944 versteckt worden war.

Jüdische Ortsgeschichte

Um 1700 zogen die ersten jüdischen Familien in das zwischen den Freiherren von Saint André und dem Markgrafen von Baden aufgeteilten Dorf Königsbach. 1804 wurde eine Synagoge errichtet, als diese 1833 abbrannte, errichtet die jüdische Gemeinde ein Jahr darauf später an derselben Stelle eine neue Synagoge, die neben dem Betsaal auch ein rituelles Bad der Gemeinde und einen Schulraum beherbergte. 1849 richtete sich die jüdische Gemeinde Königsbach einen eigenen Friedhof ein. Um 1875 gehörten ihr 220 Personen an (ca. 10 % der Einwohnerschaft). Ihre Mitglieder lebten überwiegend vom Viehhandel; einige waren auch als Reisende für Pforzheimer Uhren- und Schmuckbetriebe unterwegs. Bis nach 1933 betrieb Familie Dreyfuß ein Manufakturwarengeschäft und Berta Daube einen Tabakwarenladen am Ort.

Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 verringerte sich die Zahl der jüdischen Einwohner von Königsbach zusehends. Während der Reichspogromnacht drangen am 10. November 1938 SA-Leute in die Synagoge ein und zwangen die sich dort aufhaltenden jüdischen Männer, die Torarollen aus dem Toraschrank herauszuholen und auf einen vor dem Gebäude errichteten Scheiterhaufen zu werfen; dabei schlug die SA den Pferdehändler Benjamin bewusstlos. Am nächsten Morgen mussten die jüdischen Männer den Weg in das Konzentrationslager Dachau antreten.  Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden die wenigen noch in Königsbach lebenden Jüdinnen und Juden in die Häuser Steinerstraße 6 und in die Pforzheimer Straße 2 zwangseinquartiert.

Von den 1933 in Königsbach wohnhaften 102 jüdischen Personen kamen mindestens 27 in der Zeit des Nationalsozialismus ums Leben.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Gedenksteine

Vor der ehemaligen Synagoge in der Sankt-André-Straße steht ein Denkmal zum Gedenken an die im November 1938 zerstörte Synagoge.

Friedhof

Auf dem jüdischen Friedhof (bei der Neubausiedlung, Ende Rhönstraße) steht ein Gedenkstein für die Opfer der NS-Zeit.

Quellen
Mehne, Joachim / Wolf, Dieter / Schüler*innen der Arbeitsgemeinschaft „Spurensuche“: Spuren jüdischen Lebens in Königsbach - Eine Einführung, Königsbach 1998
Mehne, Joachim: Orte jüdischer Kultur, Jüdisches Königsbach – Einladung zu einem Rundgang, Königsbach 2002
Brändle, Brigitte u. Brändle, Gerhard: Jüdische Kinder im Lager Gurs: Gerettete und ihre Reter*innen. Fluchilfe tut not - eine notwendige Erinnerung. Karlsruhe 202020