Kleineicholzheim (Schefflenz)
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Gedenkstein in Kleineicholzheim

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Deportation

Aus Kleineicholzheim wurden am 22. Oktober 1940 15 Jüdinnen und Juden von den Nationalsozialisten abgeholt. Sieben von ihnen starben in den französischen Lagern Gurs, Rivesaltes und Nexon; vier wurden von Gurs über das Sammellager Drancy nach Auschwitz bzw. Madjanek deportiert und dort ermordet. Vier der Deportierten aus Kleineicholzheim überlebten laut den Unterlagen des Hauptstaatsarchivs Stuttgart die Zeit des Nationalsozialismus. Nach 1945 kehrten Betty Böttigheimer mit ihrem Sohn Bernd (geb. 1934) in ihr Heimatdorf zurück. Versteckt bei französischen Familien waren sie vor der Abholung durch französische Polizei und deutscher Wehrmacht sicher. Günther, Betty Böttigheimers Ehemann, war nicht bei ihnen, Er war im August 1942 vom Lager Rivesaltes aus nach Auschwitz verbracht und dort ermordet worden.

Jüdische Ortsgeschichte

Die Anfänge der jüdische Gemeinde Kleineicholzheim liegen im 18. Jahrhundert, als sich die ersten jüdischen Familien in dem reichsritterschaftlichen Ort niederließen. 1843 erwarb die jüdische Gemeinde Kleineicholzheim einen Teil des Schlosses der Grafen von Waldkirch und richtete dort einen Betsaal ein; auch die jüdische Schule und eine Lehrerwohnung waren dort untergebracht. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1864 mit 107 Personen erreicht, was etwa einem Drittel der Gesamtbevölkerung des Dorfes entsprach. 1933 existierten mehrere jüdische Betriebe im Ort: drei Textilgeschäfte, zwei Gemischtwarenhandlungen, zwei Vieh- und Pferdehandlungen sowie zwei jüdische Gaststätten. Kleineicholzheim trug wegen seines hohen jüdischen Bevölkerungsanteils in der Umgebung den Übernamen „Klein-Frankfurt“.

Das Zusammenleben der Konfessionen wurde von Zeitzeugen als „freundnachbarschaftlich“ beschrieben, doch stießen die antisemitischen Parolen der NSDAP ab 1933 auch in Kleineicholzheim auf Zustimmung bei Jugendlichen und Parteiangehörigen. Bald mieden auch die wohlgesinnten nichtjüdischen Kleineichozheimer den Kontakt zu ihren jüdischen Nachbarn und früheren Vereinskollege. Am 10. November 1938, während des Novemberpogroms, demolierten SA-Männer den Betsaal der Synagoge, misshandelten die jüdischen Bürger und verwüsteten ihre Wohnungen; die jüdischen Männer Kleineicholzheims wurden in das Konzentrationslager Dachau gebracht und erst nach Wochen wieder entlassen.

Mindestens 12 der 28 in Kleineicholzheim 1933 registrierten Jüdinnen und Juden kamen in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft ums Leben.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Gedenksteine

Eine bronzene Gedenktafel am ehemaligen Rathaus von Kleineicholzheim erinnert an die einstige jüdische Gemeinde.

Andere Zeugnisse

Das kleine Mikwen-Häuschen am Eberbach (am westlichen Ortsrand) ist erhalten.

Quellen
Landauer, Rudolf / Lochmann, Reinhart (Bearb.): Spuren jüdischen Lebens im Neckar-Odenwaldkreis, Dallau 2008
Hundsnurscher, Franz / Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale. Veröffentlichung der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Bd. 19, Stuttgart 1968, S. 156-157