Bühl
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Gedenkstein in Bühl

48.697895, 8.1308

Deportation

Am 22. Oktober 1940 schoben die Nationalsozialisten 26 Jüdinnen und Juden aus Bühl in das Internierungslager Gurs in das unbesetzte Frankreich ab. Sieben konnten die Zeit der Verfolgung überleben, wie der 1934 geborene Herbert Odenheimer (heute Ehud Loeb), der zusammen mit seinen Eltern Julchen und Hugo in das Lager Gurs verbracht worden war. Mitarbeiterinnen des OSE brachten ihn in OSE-Heim unter. Er erhält gefälschte Papiere und heiß fortan „Hubert Odet” und wird in eine katholische Familie in Buzangais bei Chäteauroux in Pflege gegeben. Nur die Pflegeltern und der Pfarrer wussten von seiner wahren Identität: „Ich beherrschte die französische Sprache vollkommen, und noch dazu sprach ich den lokalen Dialekt. Ich war ein guter Schüler, wurde Messdiener und half dem Priester beim Abhalten der Messe, und das perfekt: ich lernte und beherrschte die Gebete in lateinischer Sprache. Ich lebte in der Lüge, um zu überleben“. Nach der Befreiung wird ihm berichtet, dass seine Eltern im Lager Auschwitz ermordet worden waren. 1946 wird er zu Verwandten in die Schweiz geschickt. Ende der 1950er Jahre emigrierte er nach Israel. In Gurs oder einem der anderen französischen Lager sind neun Bühler Deportierte verstorben; mindestens drei weitere in einem Todeslager in Osteuropa ermordet worden. Von sieben Bühler Deportierten ist das Schicksal ungeklärt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kamen Amalie Bloch und Fanny Weil nach Bühl zurück; später verzogen sie nach Heidelberg, wo sie ihren letzten Jahren in einem jüdischen Altersheim verbrachten.

Jüdische Ortsgeschichte

Die Geschichte der jüdischen Gemeinde des baden-badischen Ortes Bühl reicht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. 1833 gründete die jüdische Gemeinde einen eigenen Friedhof, davor hatte sie ihre Toten auf den Verbandsfriedhof in Kuppenheim beigesetzt. Das jüdische Viertel lag am Johannesplatz (bis etwa 1933 Synagogenstraße), dort stand auch die 1823 erbaute Synagoge und der „Meierhof“ mit dem jüdischen Gemeindezentrum und dem Rabbinat Bühl. Die höchste Mitgliederzahl erreichte die jüdische Gemeinde Bühl um 1864 mit 301 Personen, 1875 waren es 290 (9,5 % der Einwohnerschaft). Um 1933 existierten noch 21 jüdische Handels- und Gewerbebetriebe in der Stadt. Die meisten von ihnen lagen in der Hauptstraße.

1933 lebten noch 72 jüdische Menschen in Bühl. Während des Novemberpogroms am 10. November 1938 wurde die Synagoge niedergebrannt. Filmaufnahmen zeigen wie die herbeigerufene Feuerwehr die Dächer der benachbarten Häuser mit Wasser bespritzte, um sie vor den aus der Synagoge schlagenden Flammen, zu schützen. Auch der jüdische Friedhof war während des Novemberpogroms Ziel der antisemitischen Zerstörungswut.

Von den 1933 in Bühl registrierten 72 jüdischen Einwohnern kamen mindestens 24 in der Zeit des Nationalsozialismus ums Leben.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

Auf der Rasenfläche am Johannesplatz 10 in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Synagoge erinnert eine Gedenktafel an deren Zerstörung am 10. November 1938.

Andere Zeugnisse

Die Karl-Netter-Straße trägt den Namen des bekannten jüdischen Fabrikanten Karl Netter (1864-1922).

Quellen
Stadt Bühl (Hg.): Jüdisches Leben, Bühler Heimatgeschichte, 15 (2001), S. 171-182
Müller, Marco (Bearb.): Jüdisches Familienbuch Bühl: 1810-1945, Bühl 2014. Stadtverwaltung Bühl: Juden in Bühl, Bühl 1986
Stadtverwaltung Bühl: Juden in Bühl, Bühl 1986