Wiesloch
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Jüdische Ortsgeschichte

In der kurpfälzischen Stadt Wiesloch lebten schon im Mittelalter jüdische Händler. 1661 wurde ein jüdischer Friedhof genannt. Vermutlich gab es bereits im 18. Jahrhundert eine „Männerschul“; die Frauen hatten einen eigenen Betsaal im Obergeschoss eines Nachbarhauses. 1838 wurde eine Synagoge gebaut, in der beide Geschlechter Platz fanden. 1910 wurde die Höchstzahl jüdischer Bewohner mit 125 Personen erreicht. Bis zum Ersten Weltkrieg spielten die Wieslocher Juden im Wirtschaftsleben der Stadt eine erhebliche Rolle; neben jüdischen Vieh-, Tabak- und Hopfenhandlungen existierten in der Stadt auch zwei jüdische Zigarrenfabriken.

1933 lebten noch 66 Jüdinnen und Juden in Wiesloch. Die mit dem reichsweiten Boykott am 1. April 1933 beginnende Auflösung und „Arisierung“ jüdischer Betriebe war im September 1938 beinahe abgeschlossen. Nur die Tabakfabrik Ebner & Kramer und das Textilgeschäft Adolf Rosenthal waren noch in Betrieb. Während des Novemberpogroms am 10. November 1938 schändeten SA-Männer die Wieslocher Synagoge und zerstörten den Betsaal. Auch Fensterscheiben jüdischer Wohnungen wurden eingeworfen. Einige jüdische Männer kamen an diesem Tag in das KZ Dachau; erst nach Wochen oder Monaten wurden sie wieder entlassen.

Deportation aus dem Psychiatrischen Landeskrankenhaus am 22. Oktober 1940

Einige Tage vor der Deportation am 22. Oktober 1940 wurden ein großer Teil der jüdischen Patienten und Patientinnen des Wieslocher Psychiatrischen Landeskrankenhauses im Rahmen der „Aktion T4“ in die Tötungsanstalt Grafeneck verbracht und mit Gas ermordet. Unter den am 22. Oktober 1940 nach Südwestfrankreich abgeschobenen 30 Wieslocher Jüdinnen und Juden befanden sich neun Patientinnen und Patientinnen des Psychiatrischen Landeskrankenhauses. Einige von ihnen sind in die psychiatrische Klinik Lannemezan verlegt worden. Die aus dem Landeskrankenhauses verschleppte Gertrud Frankfurter (geb. 1924) verstarb im März 1945 in einer Klinik in der Nähe von Carcassonne.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

Am Standort der ehemaligen Wieslocher Synagoge (Ecke Synagogengasse/Hauptstraße) erinnert eine Gedenktafel an die Geschichte des Gotteshauses.

Friedhof

Der jüdische Friedhof Wieslochs (Merianstraße/Bahnweg) weist mehr als 1.200 Grabsteine auf. Ein Mahnmal an der Außenmauer des Friedhofes erinnert an die Deportation vom 22. Oktober 1940.

Stolpersteine

„Stolpersteine" in Wiesloch: wiesloch.de - wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Wiesloch