Wangen (Öhningen)
82

47.658884, 8.930156

Deportation

Im Oktober 1940 wurden sieben jüdische Einwohner Wangens nach Gurs deportiert. Fanny Bernheim war im Alter von 83 Jahren am 10. Februar 1941 im Lager verstorben, wo sie auch begraben ist? Auf dem christlichen Friedhof in Portet bei Toulon liegt die am 22. Oktober 1942 beigesetzte Karoline Sandmer. Den in der Schweiz lebenden Kindern von Nanette Wolf war es gelungen, ihre 88 Jahre alte Mutter im April 1941 von Gurs aus zu sich zu holen. Die noch im Lager Gurs internierten Wangener Deportierte Alfred Wolf, Pauline Wolf und Rosalie Wolf wurden am 12. August 1942 von den Nationalsozialisten über das Sammellager Drancy mit dem Transport 18 nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet.

Nach Kriegsende kehrten drei Deportierte nach Wangen zurück. Das Anfang der 1970er-Jahre verstorbene Geschwisterpaar Nathan Wolf und Selma Wolf ruhen auf dem jüdischen Friedhof von Wangen.

Jüdische Ortsgeschichte

Der Zuzug mehrerer jüdischen Familien in das reichsritterschaftlichen Dorf Wangen im Jahre 1611 markiert den Anfang jüdischen Lebens in dem Höridorf. Die Herrschaft ließ ihnen Grundstücke am hochwassergefährdeten Seeufer zuweisen, was auf ihre geringen wirtschaftlichen Möglichkeiten schließen lässt. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts verbesserte sich die wirtschaftliche Lage der Wangener Juden, davon zeugen heute noch einige städtisch anmutende Häuser. Bei einem Gang durch das Dorf lässt sich heute noch der Unterschied zwischen dem ehemaligen Wohnviertel der beiden Konfessionen erkennen: Im Oberdorf, die für die Höri typischen „Einhäuser“ mit ihren Satteldächern, der christlichen Landbevölkerung, im Unterdorf und längs der Hauptstraße die mit Walmdächern versehenen Bürgerhäuser der jüdischen Familien.

Die 1759 zum ersten Mal erwähnte Synagoge – ein Holzbau – ließ die jüdische Gemeinde 1825 durch einen stattlichen Neubau am Seeufer ersetzen. Bis 1827 bestattete sie ihre Toten auf dem jüdischen Friedhof in Gailingen, danach auf ihrer neu angelegten Begräbnisstätte östlich des Ortes. 1862, im Jahr der rechtlichen Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung Badens, machten die 200 Jüdinnen und Juden etwa ein Drittel der Einwohnerschaft Wangens aus. 40 Jahre war die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinde um die Hälfte geschrumpft. 1920, als die jüdische Gemeinde noch etwa 30 Mitglieder zählte, musste sie ihre Volksschule wegen Schülermangels aufgeben.

Zu Beginn der NS-Zeit 1933 lebten nur noch etwa 20 Juden in Wangen, die sich zumeist vom Textil- und vom Viehhandel ernährten. Am 10. November 1938, während des Novemberpogroms, steckten SS-Angehörige aus Radolfzell die Wangener Synagoge in Brandt. Die drei noch im Dorf wohnenden jüdischen Männer wurden von den SS-Männern schwer misshandelt und anschließend ins KZ Dachau verbracht, wo man sie für mehrere Wochen festhielt.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

Das wiedererstellte Portal der 1938 zerstörten Synagoge am Seeweg lenkt den Blick auf den Standort des Gotteshauses.

Friedhof

Der Friedhof der ehemaligen jüdischen Gemeinde Wangen liegt außerhalb des Dorfes in Richtung Radolfzell.

Andere Zeugnisse

Die „Jacob-Picard-Gedenkstätte“ im alten Rathaus ist dem aus Wangen stammende Jacob Picard, dem Dichter des badischen Landjudentums, gewidmet.