Der Zuzug mehrerer jüdischen Familien in das reichsritterschaftlichen Dorf Wangen im Jahre 1611 markiert den Anfang jüdischen Lebens in dem Höridorf. Die Herrschaft ließ ihnen Grundstücke am hochwassergefährdeten Seeufer zuweisen, was auf ihre geringen wirtschaftlichen Möglichkeiten schließen lässt. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts verbesserte sich die wirtschaftliche Lage der Wangener Juden, davon zeugen heute noch einige städtisch anmutende Häuser. Bei einem Gang durch das Dorf lässt sich heute noch der Unterschied zwischen dem ehemaligen Wohnviertel der beiden Konfessionen erkennen: Im Oberdorf, die für die Höri typischen „Einhäuser“ mit ihren Satteldächern, der christlichen Landbevölkerung, im Unterdorf und längs der Hauptstraße die mit Walmdächern versehenen Bürgerhäuser der jüdischen Familien.
Die 1759 zum ersten Mal erwähnte Synagoge – ein Holzbau – ließ die jüdische Gemeinde 1825 durch einen stattlichen Neubau am Seeufer ersetzen. Bis 1827 bestattete sie ihre Toten auf dem jüdischen Friedhof in Gailingen, danach auf ihrer neu angelegten Begräbnisstätte östlich des Ortes. 1862, im Jahr der rechtlichen Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung Badens, machten die 200 Jüdinnen und Juden etwa ein Drittel der Einwohnerschaft Wangens aus. 40 Jahre war die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinde um die Hälfte geschrumpft. 1920, als die jüdische Gemeinde noch etwa 30 Mitglieder zählte, musste sie ihre Volksschule wegen Schülermangels aufgeben.
Zu Beginn der NS-Zeit 1933 lebten nur noch etwa 20 Juden in Wangen, die sich zumeist vom Textil- und vom Viehhandel ernährten. Am 10. November 1938, während des Novemberpogroms, steckten SS-Angehörige aus Radolfzell die Wangener Synagoge in Brandt. Die drei noch im Dorf wohnenden jüdischen Männer wurden von den SS-Männern schwer misshandelt und anschließend ins KZ Dachau verbracht, wo man sie für mehrere Wochen festhielt.