Walldorf
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Gedenkstein in Walldorf

49.302657, 8.63039

Jüdische Ortsgeschichte

1470 wurde zum ersten Mal ein in Walldorf lebender Jude erwähnt. Eine jüdische Gemeinde etablierte sich in dem zur Kurpfalz gehörenden Ort allerdings erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts (Höchstzahl 1852 169 Personen). Im März 1848 kam es zu Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung. 1861 baute die jüdische Gemeinde die ehemalige reformierte Kirche Walldorfs in eine Synagoge um. Nach der Reichsgründung 1871 entspannte sich das Zusammenleben zwischen den Konfessionen; so waren jüdischer Einwohner in den lokalen Vereinen aktiv und im Bürgerrat vertreten. Im Wirtschaftsleben Walldorfs spielten sie zeitweise eine bedeutende Rolle; so wurde fast der gesamte Hopfen-, Tabak- und Viehhandel der Stadt von jüdischen Händlern abgewickelt; die meisten Zigarrenfabriken Walldorfs gehörten jüdischen Inhabern. 1925 lebten noch 67 Jüdinnen und Juden im Ort.

Der Aufruf zum reichsweiten Boykott der jüdischen Geschäfte am 1. April 1933 wurde auch in Walldorf befolgt. An der Schändung der Waibstadter Synagoge am 10. November 1938 waren um 50 Menschen beteiligt. Einige von ihnen schreckten auch nicht davor zurück, die Wohnungen der jüdischen Familien anzugreifen; einer der Täter wollte sogar eines der jüdischen Häuser in Brandt setzen. Er ließ erst davon ab, als die Tochter des Hauses flehend vor ihm hinkniete. Wie überall im Deutschen Reich wurden auch in Walldorf  die jüdischen Männerwährend des Novemberpogroms  verhaftet. Sie wurden für einige Wochen im KZ Dachau unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

Das Synagogengebäude dient heute als Gotteshaus der Neuapostolischen Gemeinde (Synagogenstraße / Ecke Albert-Fritz-Str.7). Eine Nachbildung des Portalsteines der ehemaligen Synagoge bekrönt seine Eingangstüre.

Friedhof

Auf der westlich des kommunalen Friedhofes gelegen jüdischen Begräbnisstätte stehen 88 Grabsteine.

Stolpersteine

„Stolpersteine“ in Walldorf: wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Walldorf_(Baden)

Quellen
Herrmann, Dieter: „... die Stadt Walldorf allmählich frei von Juden zu machen ..." : Geschichte des jüdischen Walldorf im 20. Jahrhundert, in: Walldorf 21, 100 Jahre Stadtrechte, Ubstadt-Weiher, 2002. S. 75-106