Waldshut (Waldshut-Tiengen)
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Deportation

In Waldshut verblieben nur die ledigen Schwestern Jenny und Klara Aufrichtig, die ein kleines Schuhgeschäft in der Stadtmitte betrieben und ein zurückgezogenes Leben führten. Ein Zeitzeuge konnte sich noch gut an die Abholung der „freundlichen Damen“ am 22. Oktober 1940 erinnern. Sie wurden gegen 16 Uhr von der Gestapo aufgefordert, innerhalb von zwei Stunden das Nötigste zusammenzupacken und reisefertig zu sein. Nach ihrer Ankunft in Gurs schickten sie eine Postkarte an die Stadt Waldshut mit der Nachricht „Es gehe gut“. Ihrer Bitte, ihnen Geld von ihrem Sparkassenkonto zu schicken, ging ins leere, da dieses gesperrt war. Ihre Wohnungseinrichtung wurden im Februar 1941 öffentlich versteigert, darunter ein Klavier und ein venezolanischer Spiegel. Der Versteigerungserlös erbrachte etwa 9.000 Reichsmark.

Jüdische Ortsgeschichte

Bereits im 14. Jahrhundert lassen sich in Waldshut jüdische Händler nachweisen.1349 zählten sie zu den Opfern der sogenannten Pestpogrome. Nach einem kurzen Zwischenspiel im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts zogen erst wieder nach der Reichsgründung 1871 jüdische Familien in die Stadt. 1925 lebten 30 Jüdinnen und Juden in Waldshut, sie waren Mitglieder der jüdischen Gemeinde der Nachbarstadt Tiengen. Von den 1935 noch in Waldshut lebenden 24 Jüdinnen und Juden emigrierten 20 in das retten Ausland (9 Schweiz, 7 USA, 3 Brasilien, 1 Rhodesien). Berthold Siegbert zog nach Gailingen (dort 1937 verstorben). Willy Aufrichtig, der nach Euskirchen im Rheinland umgesiedelt war, kam vermutlich 1942 in Sobibor ums Leben.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Stolpersteine

„Stolpersteine“ in Waldshut: www.juden–in-tiengen.de

Quellen
Freundeskreis Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen: Gegen das Vergessen. Stolpersteine in Tiengen und Waldshut für die Opfer des Nationalsozialismus 1933 – 1945, 2012.
Freundeskreis Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen: Gegen das Vergessen. Stolpersteine in Tiengen und Waldshut für die Opfer des Nationalsozialismus 1933 – 1945, vierte Auflage, 2020
Kaiser, Gebhard: Hausierer, Händler, Unternehmer: jüdische Geschäfte und Gewerbe in Waldshut-Tiengen und Umgebung bis 1940, 2. erweiterte Auflage, Waldshut-Tiengen, 2022