Stebbach (Gemmingen)
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49.14554, 8.9646769999999

Deportation

Am 22. Oktober 1940 lebten in Stebbach noch Josefine Ottenheimer und die von Geburt an blinde Jette Eisemann. Ein Zeitzeuge, der als Kinder vor dem Haus seiner Großeltern in Stebbach spielte, erinnerte sich an die Abholung der beiden Frauen: „Plötzlich fuhr ein Lastwagen vor. Die zwei älteren Judenfrauen aus dem vorderen Gebäude wurden verladen, so wie man Vieh verlädt. Vielleicht haben sie die Frauen auch auf den Wagen geworfen, weil sie ziemlich gebrechlich waren und es den Aufsehern nicht schnell genug gegangen ist. Ich habe meinen Großvater gefragt, was das bedeuten soll, mir war klar, dass etwas Schlimmes passiert ist. Ich saß da wie vom Donner gerührt.“ Noch am Tag der Deportation erbat ein Stebbacher Schmied vom Sinsheimer Landrat „Auskunft über die käufliche Erwerbung des Gebäudes und des Anwesens der Jüdin Josefine Ottenheimer, Hauptstraße“. Josefine Ottenheimer erlebte noch das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft, verstarb aber 1945 in der französischen Stadt Mâcon. Das Schicksal der Jette Eisemann ist nicht erforscht.

Jüdische Ortsgeschichte

1704 wurde zum ersten Mal ein jüdischer Händler in dem reichsritterschaftlichen Dorf Stebbach aktenkundig. Um 1826, als die jüdische Gemeinde etwa 75 Personen (ca. 10 % der Einwohnerschaft) umfasste, wurde zum ersten Mal eine Synagoge erwähnt. Die jüdischen Familien lebten überwiegend vom Vieh- und Warenhandel. 1905 löste sich die auf etwa 10 Mitglieder geschrumpfte jüdische Gemeinde mit Beschluss des badischen Staatsministeriums auf; ihre verbliebenen Mitglieder schlossen sich der benachbarten jüdischen Gemeinde Gemmingen an. Die schon lange nicht mehr genutzte Synagoge verfiel. 1912 ernannte die bürgerliche Gemeinde Stebbach den langjährigen jüdischen Ratsschreiber Jonas Eisinger zu ihrem ersten Ehrenbürger.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Quellen
Angerbauer, Wolfram / Frank, Hans Georg: Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn, Heilbronn 1986, S. 73-80.
Jung, Norbert: Spurensuche - die Juden von Stein am Kocher, Neuenstadt 1987
Schlaghoff, Friedrich-Wilhelm: Die Judendeportation in Stein am K., in: Unser Land (2010), S. 199-201