Rust
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Gedenkstein in Rust

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Deportation

Am 22. Oktober 1940 wurden die neun noch in Rust gemeldeten jüdischen Einwohner in das Internierungslager Gurs in Südwestfrankreich verschleppt. Else Schmidt und der frühere Blumenwirt Bernhard Johl und seine Frau Fanny besaßen Einwanderungspapiere für die USA, was ihnen 1941 erlaubte, das Lager Gurs zu verlassen und auf legalem Weg nach Amerika zu fahre. Doch verstarb Bernhard Johl am 30. Oktober 1941 in Lissabon, wo das Schiff für die Überfahrt nach Amerika wartete. Seine Frau und seine Tochter Sofie setzten die Fahrt in ihre neue Heimat ohne ihn fort. Leopold und Klara Grumbacher wurden im Mai 1942 aus dem Lager Gurs in ein Altenheim verlegt. 1947 zogen sie zu ihrer Tochter in die USA. Nach mehr als einem Jahr Ausharren im Lager wurden Mathilde Dreifuss und das Ehepaar Max und Cora Moch im Sommer 1942 über das Zwischenlager Drancy bei Paris nach Auschwitz verbracht und dort ermordet. Mitarbeiter der OSE holten mit dem Einverständnis ihrer Eltern die 1937 geborene Tochter Selma aus dem Lager. Bis 1942 versteckten die Helfer das Mädchen im Heim „Château Masgalier“ und danach bis zur Vertreibung der deutschen Wehrmacht aus Frankreich bei einer französischen Familie.

Jüdische Ortsgeschichte

Vermutlich ließen sich Ende des 18. Jahrhundert vermehrt jüdische Familien in dem reichsritterschaftlichen Dorf Rust nieder. In einer Urkunde aus dem Jahr 1800 wird zum ersten Mal eine Synagoge erwähnt – das Gebäude ist heute noch erhalten (ORT). Die jüdische Gemeinde Rust umfasste im Jahr 1825 150 Mitglieder (9 % der Einwohnerschaft). 1857 konnte sie ihre neue, im maurischen Stil gehaltene, Synagoge einweihen. Nach 1862, als der badische Staat der jüdischen Bevölkerung die rechtliche Gleichstellung gewährte, zogen viele jüdische Familien aus Rust in die ihnen nun geöffneten größeren Städte Südbadens.

Die von der Volkszählung am Mai 1933 erfassten 26 Ruster Jüdinnen und Juden waren auch in ihrem Heimatort dem antisemitischen Hass ausgesetzt, der im Novemberpogrom 1938 gipfelte. Aufgefordert von der lokalen NSDAP zogen am 10. November 1938 Lehrer der Ruster Volksschule mit ihren Schülern vor die jüdischen Wohnhäuser, warfen deren Fenster ein und demolierten die Inneneinrichtung der Synagoge. Die drei noch im Dorf wohnenden jüdischen Männer wurden festgenommen und in das Konzentrationslager Dachau verbracht, das sie erst nach Wochen wieder verlassen konnten. Nach ihrer Rückkehr aus dem Lager zog sie das Bürgermeisteramt zu Gemeindearbeiten heran.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Gedenksteine

Am Standort der ehemaligen Synagoge (Ritterstraße 11) erinnert ein Mahnmal an die jüdische Gemeinde von Rust.

Quellen
Debacher, Karl-Heinz: Historischer Verein: Schicksal und Geschichte der jüdischen Gemeinden Ettenheim, Altdorf, Kippenheim, Schmieheim, Rust, Orschweier, Ettenheim 1997, S. 399-435
Debacher, Karl-Heinz / Stude, Jürgen (Bearb.): Rosalie Hauser (1840-1924): „In meinem Heimatdorfe Rust ...“ Erinnerungen einer badischen Jüdin an das Alltagsleben im 19. Jahrhundert, Rust 2004
Rottenecker, Bernd: Ortsartikel Rust, in: Jüdisches Leben in der Ortenau 2018, S. 153-156