Nonnenweier
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Gedenkstein in Nonnenweier

48.347908, 7.760877

Jüdische Ortsgeschichte

Nonnenweier (Schwanau) Ortenaukreis

Die Nonnenweierer Gedenksteine wurden 2009 Mitgliedern des Nonnenweierer Pfadfinderstammes „Regenbogen“ gestaltet. Der Nonnenweierer Vor-Ort-Stein steht vor dem Rathaus der Gemeinde Schwanau im Ortsteil Nonnenweier.

Beschreibung der Gedenksteine

Der Nonnenweierer Pfadfinderstamm „Regenbogen“ besann sich auf seinen Namen und an die biblische Vorstellung vom Regenbogen als Zeichen für den Bund Gottes mit der Menschheit. Zuerst beklebten sie einen großen halbrunden Stein mit zerbrochenen Fliesen in den Farben des Regenbogens. Die eigentlich wertlosen Scherben werden zu einem Mosaik zusammengefasst und bringen so die Hoffnung zum Ausdruck, dass aus Zerstörtem Neues entstehen kann. Nach der Fertigstellung des Mosaiks wurde der Stein in zwei Hälften gespalten - wie die Abholung der Nonnenweierer Jüdinnen und Juden im Oktober 1940, die Nonnenweierer in Opfer und Zuschauer spaltete.

Jüdische Ortsgeschichte

Die Entstehung der jüdischen Gemeinden Nonnenweier geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. 1975 umfasste sie 233 Mitglieder. Dies entsprach 17 % der Ortsbevölkerung. Bis nach 1933 existierten noch zahlreiche jüdische Handels- und Gewerbebetriebe im Dorf. Am 10. November 1938 wurde die aus dem 18. Jahrhundert stammende Synagoge der jüdischen Gemeinde demoliert und ihr Friedhof geschändet. Am gleichen Tag wurden die jüdischen Männer Nonnenweiers in das Konzentrationslager Dachau verschleppt, zwei von ihnen wurden dort von Wachmännern ermordet.

Hildegard Kattermann beschreibt in ihrem Buch: „Das Ende einer jüdischen Landgemeinde. Nonnenweier in Baden, 1933-1945“ die Abholung der Nonnenweierer Jüdinnen und Juden am 22. Oktober 1940: „In Nonnenweier lebten damals noch 27 Juden. Verständlicherweise hatten nicht alle von ihnen genügend Lebensmittel für die ihnen bevorstehende mehrtägige Fahrt ins Ungewisse im Hause. Einer von ihnen klopfte am Fenster der Wirtschaft „zum Löwen” und erhielt von der Wirtin belegte Brote und anderes mit. […] Einige der Reisefertigen konnten noch kurz mit ihren christlichen Nachbarn sprechen. Beim Schmied verabschiedete sich das jüdische Nachbarsehepaar. Er erzählte mir: „Es. war ein nebliger Morgen. Ich seh sie noch. Jeder mit einem Köfferle. Er sagte: ‚Mir sin nit z’bedüere, aber Ihr.’ Beide kamen um, ihre Tochter auch. Der Sohn war im Ersten Weltkrieg gefallen. Ein damaliger christlicher Kinderschüler erzählte, wie entsetzt er und seine kleinen Kameraden waren, als sie auf dem Nachhauseweg von der Kinderschule dazukamen, wie die Juden auf Leiterwagen verfrachtet wurden, um zum Sammelplatz gebracht zu werden. Die Kinder schrien, das dürfe nicht sein, und rannten nach Hause, um Hilfe zu holen. Die Eltern hatten betretene Gesichter: ‚Ja, es ist furchtbares Unrecht, aber wir können nichts tun.“ Der Abtransport erfolgte von Nonnenweier aus durch SS-Leute auf Lastautos nach Offenburg. Neun der Nonnenweierer Deportierten verstarben in Gurs oder in einem anderen französischen Lager, fünf wurden von den Nationalsozialisten über das Sammellager Drancy nach Auschwitz verschleppt und dort umgebracht. Sechs überlebten, ein Schicksal ist ungeklärt. Jette Rosenberger, eine der Überlebenden, kehrte 1947 im Alter von 78 Jahren in ihr Heimatdorf zurück. Ihr Begräbnis 1950 war die letzte Beisetzung auf dem jüdischen Friedhof von Nonnenweier.

Mindestens 21 der 65 im Juni 1933 noch in Nonnenweier wohnhaften jüdischen Personen kamen in der NS-Zeit ums Leben.

Zeugnisse

Am Geburtshaus von Ludwig Frank (1874-1914) erinnert eine Tafel an den Führer der badischen Sozialdemokratie im Kaiserreich.

● Gegenüber dem Standort der früheren Synagoge (Sonnenstraße) erinnert ein Denkmal in Form eines Davidsterns an das Schicksal der jüdischen Gemeinde Nonnenweier und an ihr Gotteshaus.

Ո „Auf dem Rebgarten“ südlich von Nonnenweier liegt der jüdische Friedhof.

Quellen
Kattermann, Hildegard: Das Ende einer jüdischen Landgemeinde: Nonnenweier in Baden, 1933-1945, Freiburg i. B. 1984
Labsch-Benz, Elfie: Die jüdische Gemeinde Nonnenweier: jüdisches Leben und Brauchtum in einer badischen Landgemeinde zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Freiburg i. B. 1981
Stude, Jürgen: Ortsartikel Nonnenweier, in: Jüdisches Leben in der Ortenau, 2018 Bühl, S. 123-128