Neidenstein Rhein-Neckar-Kreis
Schülerinnen und Schüler der „Projektgruppe Judentum im Kraichgau“ der Realschule Waibstadt haben 2005 die Neidensteiner Gedenksteine 2005 unter Anleitung von Lehrer Siegfried Bastl. geschaffen. Die „Projektgruppe“ beschäftigte sich seit 1999 mit dem jüdischen Erbe in der Region. Der Vor-Ort-Stein steht seit 2008 vor dem Neidensteiner Rathaus in der Schlossstraße in der Nähe des „Judenbuckels“.
Beschreibung der Gedenksteine
Die Neidensteiner Gedenksteine sind bewusst einfach gehalten. Die Keuper-Sandsteine stammen aus einem Steinbruch aus dem benachbarten Ort Weiler. Die Schülerinnen und Schüler versahen sie mit Kupferplatten auf denen ein Davidstern und der Ortsname Neidenstein zu sehen sind. Die Unverwüstlichkeit des Materials Kupfer steht für die Dauerhaftigkeit, denn dauerhaft soll die Erinnerung an die Holocaust-Geschehnisse sein.
Jüdische Ortsgeschichte
Das Dorf Neidenstein gehörte bis Anfang des 19. Jahrhunderts der adeligen Familie von Venningen, die die jüdischen Familien ins Dorf geholt hatte. Mit den Jahren stieg die Zahl der Mitglieder der jüdischen Gemeinde immer mehr an. Um 1839 erreichte sie mit 281 Personen ihren Höchststand. Die 1831 erbaute Synagoge galt als eine der größten Landsynagogen Badens. Das Areal um die Synagoge, vor allem der heutige Kirchgraben, bildeten das Zentrum des jüdischen Lebens Neidensteins. Dieser Bereich wird bis heute im Dorf als „Judenbuckel" bezeichnet. Neben der Synagoge unterhielt die jüdische Gemeinde eine Volksschule und Bäckerei. 1930, anlässlich ihres bevorstehenden 100jährigen Jubiläums, ließ sie ihre Synagoge von Grund auf renovieren. Die im Dorfleben integrierten jüdischen Bürger Neidensteins engagierten sich in Vereinen und im Gemeinderat. Sie lebten vom Viehhandel, Pferdehandel und vom Handel mit landwirtschaftlichen Produkten.
1933 zählte die jüdische Gemeinde Neidensteins etwa 60 Mitglieder. Fast 40 von ihnen flohen in den darauffolgenden Jahren ins Ausland oder zogen in größere Städte. In der Reichspogromnacht zerstörten SA-Männer aus Eschelbronn und Neidenstein die Inneneinrichtung der Synagoge.
Die Deportation vom 22. Oktober 1940 in das Lager Gurs erfasste auch die noch in Neidenstein verbliebenen 19 Jüdinnen und Juden, darunter der 85jährige Lehmann Mayer. Dieser war am 2. April 1941 im Lager Gurs verstorben, außer ihm starben noch weitere fünf Neidensteiner Deportierte in einem der französischen Lager. Neun weitere Neidensteiner Deportierte wurden ab dem Sommer 1942 über das bei Paris gelegene Sammellager Drancy in das Todeslager Auschwitz gebracht, wie die 1922 geborene Renate Würzweiler und ihre Eltern Emma und Julius. Auch das Ehepaar Irma und Siegfried Hermann zählt zu den Opfern des nationalsozialistischen Rassenwahns. Überlebt hat ihre 1931 geborene Tochter Liesel. Wer ihr half, die Zeit der Verfolgung zu überstehen, ist nicht bekannt. Nach dem der Krieg wanderte sie in die USA aus. Neben Liesel Hermann erlebten drei weitere Neidensteiner Gursüberlebende das Ende der deutschen Besetzung Frankreichs.
Zeugnisse
▌Am „Judenbuckel“ und in der Schmalgasse stehen Häuser mit hebräischen Inschriften.
Y Ein Neidensteiner Bürger hat die ehemalige Synagoge 2019 erworben, um sie als Kulturdenkmal und Gedenkstätte auszubauen. Die originalen Rundbogenfenster sind noch erkennbar.
■ Stolpersteine erinnern an die Opfer der NS-Verbrechen.