In Neckarzimmern gab es bis 1940 eine israelitische Gemeinde. Erstmals sind 1550 zwei jüdische Familien im reichsritterschaftlichen Dorf nachgewiesen und 1703 werden sieben jüdische Einwohner genannt, die Schutzgeld entrichteten. Die jüdische Gemeinde soll schon 1534 bestanden haben. Ihr Betsaal war in einem von der Grundherrschaft gemieteten Haus untergebracht, das sie 1823 kaufte. 1873 wurde auf den Grundmauern dieses Hauses ein neues, einstöckiges Gebäude errichtet (Steige 4), das neben einem Betsaal ein rituelles Bad und ein Zimmer für den Religionsunterricht umfasste. Ihre Toten verbracht die jüdische Gemeinde auf den Verbandsfriedhof in Heinsheim.
Die jüdischen Einwohner des Dorfes betrieben Viehhandel und es gab noch in den 1930er-Jahren die Gemischtwarenhandlung von Karoline und Rosa Bauer sowie das Manufakturwarengeschäft von Henriette Oppenheimer. Die jüdische Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Mosbach und besaß ab etwa 1827 eine eigene Synagoge mit Ritualbad, die man 1873 wegen Baufälligkeit durch einen Neubau ersetzte. Ihre Toten bracht die jüdische Gemeinde auf den Verbandsfriedhof in Heinsheim. Das Interieur der Synagoge wurde während der Reichskristallnacht 1938 verbrannt und das Innere demoliert, das Gotteshaus wurde danach als Wohnhaus genutzt. Der jüdische Handler Hans Albrecht Pinner wurde als Folge der Reichskristallnacht im November 1938 zeitweise im KZ Kislau bei Bruchsal interniert.
Die jüdische Bevölkerungsentwicklung zwischen 1825-1930:
Jahr
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Jüdische Bevölkerung
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1825
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69
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12,2% von 556 Einwohner
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1845
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65
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1875
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39
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1900
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51
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6,6 % der Einwohnerschaft
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1933 zählte die jüdische Gemeinde von Neckarzimmern nur noch 29 Mitglieder, 18 von ihnen wurden Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns. Während des Novemberpogroms 1938 zwangen SS-Männer die jüdischen Männer die Möbel, Kultgegenstände und Gebetbücher aus ihrer Synagoge zu holen und zum Sportplatz zu fahren, wo sie alles verbrennen ließen. Anschließend steckten die SS-Männer, unterstützt von anderen Nationalsozialisten, die Synagoge in Brand.
Jüdische Neckarzimmerer NS-Opfer, die nicht von Neckarzimmer aus deportiert wurden.
Jakob Schlößinger hatte um 1910 in Halberstadt eine jüdische Bäckerei eröffnet. Laut dem Gedenkbuch des Bundesarchivs wurde er am 14. April 1942, mit seiner Frau Adelheid geb. Katzmann, über Magdeburg, Potsdam und Berlin in das Warschauer Ghetto verbracht.
Giga (Gertrud) Falkenstein ist ein Opfer der NS-Euthanasie und wurde 1940 in der Heilanstalt Grafeneck ermordet, wie Dr. Hans-Werner Scheuing aus Neckargemünd im Zuge seiner Recherchen feststellte.
Der Viehhändler Alfred Bauer war in den 1930er-Jahren nach Strümpfelbrunn gezogen und von dort nach Österreich ausgewandert. Er wurde von Wien nach Maly Trostinez bei Minsk deportiert, wo er am 5. November 1942 verstarb.
Berta Alexander geb. Oppenheimer wurde zusammen mit ihrem Ehemann Max Alexander 1940 von ihrem Wohnort Adelsheim nach Gurs deportiert. Beide fanden in Auschwitz den Tod.
David Schlößinger (1881-1942) wurde am 22. Oktober 1940 von seinem Wohnort Mosbach nach Gurs deportiert. Er ist am 14. Januar 1242 im französischen Lager Rivesaltes verstorben.
Moses Schlößinger (1890-1942) lebte in Thingen und Kitzingen. Laut dem Gedenkbuch des Bundesarchivs wurde er am 24. März 1942 nach Izbica in Polen deportiert.
Durch die rechtzeitige Auswanderung überlebten 13 jüdische Einwohner die Shoa: Fanny Eckstein geb. Bauer (Palästina), Max Bauer (Großbritannien), Henriette Brunn. geb. Oppenheimer, Irma Falkenstein, Heinrich Falkenstein, Johanna Falkenstein geb. Kahn, Moses Falkenstein, Regina Falkenstein geb. Niedermann, Sophie Falkenstein, Amanda Oppenheimer geb. Binder, Ilse Oppenheimer, Jakob Oppenheimer, Manfred Oppenheimer (alle USA). Max Bauer kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland zurück und zog nach Kellmünz bei Memmingen.