Muggensturm Landkreis: Rastatt
Die Muggensturmer Gedenksteine wurden 2020 von Konfirmandinnen und Konfirmanden der evangelischen Kirchengemeinde Muggensturm erstellt. Begleitet wurden die Jugendlichen von Pfarrerin Tina Blomenkamp. WO STEHT DR VOR ORT STEIN ?
Beschreibung der Gedenksteine
Sophie-Marie Kinner aus dem Konfi-Team erläuterte den Muggensturmer Stein bei seiner Einweihung in Neckarzimmern: „Zum Gedenken an Frieda und Moritz Heimann haben die Konfirmandinnen und Konfirmanden der Evangelischen Dreieinigkeitsgemeinde gemeinsam mit einigen Mitgliedern des Kreativkreises Muggensturm diesen Stein konzipiert. Der gebrochene Davidstern zeigt das Leid, das den Menschen angetan wurde. Er besteht aus wertvollen Materialien, aus dunklem und hellem Marmor, um die dunkle Zeit und gleichzeitig die Lichtblicke zu symbolisieren. Überstrahlt und zusammengehalten wird der gebrochene Davidstern von einem leuchtendroten, vollständigen Davidstern. Er steht für die Liebe und für unsere Hoffnung, dass so etwas nie wieder geschieht.“
Jüdische Ortsgeschichte
Die jüdische Gemeinde Muggensturm formierte sich im 18. Jahrhundert. 1835 erwarb sie eine Scheune, die sie zu einer Synagoge umbaute; zwei Jahre später richtete sie in einem Anbau eine Mikwe (Ritualbad) ein. Die jüdische Gemeinschaft Muggensturms war immer klein, weshalb sie nicht den Status einer selbstständigen Gemeinde besaß, sondern der benachbarten Rastatter Gemeinde als Filiale angegliedert war. 1875 umfasste sie 80 Mitglieder (4,2 % der Ortsbevölkerung), 25 Jahre später waren es nur noch 30. 1913 löste sich die Filialgemeinde Muggensturm auf; ihre Synagoge wurde verkauft (Abbruch 1973). 1924 lebten noch fünf Menschen jüdischen Glaubens im Ort. Die Tüten-, Papierwaren- und Kartonagefabrik Dreyfuss & Roos war einer größten jüdischen Gewerbebetriebe Muggensturms in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1926 beschäftigte die Firma Vogel & Schnurmann (Lumpensortieranstalt und Lederhandel) 700 Mitarbeiter.
Als am frühen Morgen des 22. Oktobers 1940 Gestapo-Männer nach Muggensturm kamen, standen nur der Metzger Moritz Heimann und seine Frau Frieda auf ihrer Liste. Ein Muggensturmer Zeitzeuge beobachtet als Kind die Abholung: „Unser jüdischer Nachbar Moritz Heimann war ein guter Mensch, um die 70 Jahre. Sie haben ihn aus dem Haus gezogen, auf den LKW hochgeschmissen wie einen Sack. Die Abholer waren nicht aus dem Ort. Die Gestapo kam aus Rastatt.“ Das zurückgelassene Eigentum des Ehepaars wurde später von der politischen Gemeinde öffentlich versteigert.
Moritz Heimann starb am 25. Juli 1943 mit 62 Jahren im Lager Noé. Seine Frau Frieda wurde 1944 von den Nationalsozialsten mit Hilfe der französischen Polizei von Gurs aus nach Auschwitz deportiert. Sie gehörte zu den wenigen Verschleppten, die man nach der Ankunft in Auschwitz zum Arbeitseinsatz in andere Lager schickte. Das Kriegsende erlebte sie in Salzwedel, wo sie in einer Patronenfabrik Zwangsarbeit verrichten musste. Bei ihrer Befreiung wog sie nur noch 47 kg. Ihren Bericht über ihre Leidenszeit schließt sie mit dem Satz: „Dass ich überlebte und später wieder nach Karlsruhe zurückkehren konnte, ist mir bis heute ein Rätsel geblieben.“ Bis zu ihrem Tod 1985 lebte Frieda Heimann in Karlsruhe.