Mosbach
25

Gedenkstein in Mosbach

49.3489153, 9.1293829

Deportation

Am 22. Oktober 1940 wurden 13 jüdische Männer und Frauen aus Mosbach abgeholt und zum Heidelberger Hauptbahnhof gefahren: „Die Juden kamen 1940 alle weg, da kann ich mich noch sehr gut erinnern. Das war am Sonntagmorgen, da wurden die zusammengetrieben auf dem Marktplatz. Die wurden dann auf einen Lastwagen geladen und sind dann nach Gurs in Südfrankreich gefahren worden. Da hat man gesagt, die kommen nach Madagaskar, die kriegen einen eigenen Judenstaat, und dann klappt alles. - Ich entsetzte mich über die Brutalität. Ich sehe immer noch, wie sie eine alte Frau mit dem Gewehrkolben bearbeitet haben, bis sie droben war auf dem Pritschenwagen. Das ging alles unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor sich.“

Die Lastwagen fuhren die Festgenommenen zum Gleis 1 des Heidelberger Hauptbahnhofes, von dem ein Sonderzug nach Frankreich abging. David Schlössinger starb am 14. Januar 1942 im Lager Rivesaltes. Die Nationalsozialisten verschleppten seine Frau Bella und die 16jährige Tochter Marie im August 1942 von Gurs aus in das Vernichtungslager Auschwitz. Nach einem Bericht der Rhein-Neckar-Zeitung überlebte Elli Würzburger als einzige der Mosbacher Deportierten, die Zeit des Nationalsozialismus. Ihre (vermutlichen) Eltern Milly und Wilhelm Würzburger aus der Sulzbacher Straße 6 gaben sie in die Obhut der Quäker, die sie nach Amerika brachten. Auf dem von den Nationalsozialisten veröffentlichten amtlichen „Verzeichnis der am 22. 10. 1940 aus Baden ausgewiesenen Juden“ ist Elli Würzburger nicht aufgeführt.

Jüdische Ortsgeschichte

Der früheste Nachweis einer jüdischen Gemeinde in Mosbach stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. 1743 registrierten die Behörden 17 jüdische Familien in der kurpfälzischen Stadt. Ein jüdischer Friedhof fand 1599 zum ersten Mal Erwähnung. Anfang des 19. Jahrhunderts ist eine Synagoge in der Frohndbrunnengasse belegt. Von 1827 bis 1940 war Mosbach Sitz eines Bezirksrabbinats. Der nach der rechtlichen Gleichstellung der badischen Juden 1862 einsetzende Zug jüdischer Landbewohner in die Städte, ließ die Mitgliederzahl der israelitischen Gemeinde Mosbach hochschnellen (189 Jüdinnen und Juden 1874, 6,1% der Einwohnerschaft). Die jüdischen Familien Mosbachs lebten vor allem vom Handel mit Vieh, Wein, Getreide und Salz. Im Gemeinderat der Stadt war die jüdische Einwohnerschaft bis 1933 mit einem Abgeordneten vertreten.

1931 beschimpfte der nationalsozialistische "Heidelberger Beobachter" Mosbach als "die größte Judenstadt im badischen Hinterland". Nach der Machergreifung der NSDAP versuchten viele Mosbacher Jüdinnen und Juden Deutschland zu verlassen. Im Haus der Familie Schlössinger, Neckarelzer Str. 9, wurden Kurse zur Vorbereitung auf eine Auswanderung angeboten. Während des Novemberpogroms drangen Mitglieder des Mosbacher SS-Zuges am 10. November 1938 in die Synagoge ein. As dem von ihnen zerschlagenem Synagogenmobiliar und dem entwendeten Kultgegenständen errichteten sie auf dem Marktplatz einen Scheiterhaufen. Auf sein Spitze setzten sie eine mit dem Talar und dem Zylinder des Rabbiners behängte Torarolle. Eine große Menschenmenge sah der Verbrennung zu; kurz danach stand die Synagoge in Flammen. Ihre Ruine wurde in den Tagen danach abgebrochen.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

Auf dem Synagogenplatz erinnert ein Gedenkstein an die Verfolgung der Mosbacher Jüdinnen und Juden in der Zeit des Nationalsozialismus.

Friedhof

Der jüdische Friedhof (zwischen städtischem Friedhof und Kapellenweg) umfasst ca. 70 Grabsteine

Quellen
Held, Julius S.: Der Holocaust - aus der Distanz gesehen, in: Mosbacher Jahresheft 8 (1998), S. 10-30
Herrmann, Andy: Walldorf im Nationalsozialismus : Gleichschaltung, Verfolgung, Widerstand in einer nordbadischen Kleinstadt; hrsg.: Vereinigung Walldorfer Heimatfreunde e.V. 1965, Ubstadt-Weiher u. a, , 2023
Herrmann, Dieter: „... die Stadt Walldorf allmählich frei von Juden zu machen ..." : Geschichte des jüdischen Walldorf im 20. Jahrhundert, in: Walldorf 21, 100 Jahre Stadtrechte, Ubstadt-Weiher, 2002. S. 75-106
Herter, Balduin: Die Judengemeinde von Mosbach : 1297-1940, Mosbach 2008
Teichert, Eckard: Mosbach im 3. Reich. Zeitzeugen berichten aus der Nazizeit, Mosbach 1994