Meckesheim
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Gedenkstein in Meckesheim

49.320083, 8.819725

Deportation

Nach den Ereignissen des Novemberpogroms war es auch den Meckesheimer Jüdinnen und Juden klar, dass sie Deutschland verlassen mussten um ihr Leben zu retten. Auch das Meckesheimer Ehepaar Lina und Meier Kaufmann hatte sich Schiffskarten für die USA gekauft, wie eine Nachbarin berichtete: „Kaufmanns hatten schon alles für die Ausreise vorbereitet. Hatten Überseekoffer da gehabt, die Überfahrt war auch bezahlt gewesen …..“ Vermutlich wollten sie zu einem ihrer Kinder in New York oder Buenos Aires emigrieren. Diese Pläne wurden durch die Deportation am 22. Oktober 1940 zunichte gemacht. Ein Meckesheimerin berichtet, dass Maier Kaufmann bereits am Vortag der Deportation verhaftet worden sei. „Er ist zuerst abgeholt worden. Am Vortag. Am nächsten Tag habe sie die Frau Kaufmann geholt. Meine Mutter war die ganze Nacht bei ihr und hat sie getröstet. Am Rathaus haben sie sie gesammelt. Am Dorfplatz sind dann die Juden alle auf Lastwagen aufgeladen worden.“ In Meckesheim gab es am Tag der Deportation 22. Oktober 1940 schulfrei, wie sich ältere Mecksheimer erinnern: „Auf einmal kam [der Lehrer] Staiger und hat gesagt: ‚Packt Eure Sachen zusammen und geht nach Hause. Meckesheim ist ab heute judenfrei.“ Edith Wolber, die Autorin des Buches „Jüdisches Leben in Meckesheim bis 1940. Die vergessene Geschichte eines Kraichgaudorfes“ vermutet, dass sie mit Lastwagen zum Heidelberger Bahnhof gefahren worden seien, wo ein Deportationszug auf sie wartete. Meier Kaufmann verstarb im November 1942 im Alter von 73 Jahren im französischen Lager Noé, sein Frau Lina in Gurs zu einem unbekannten Zeitpunkt. Lina Stein, die Dritte Deportierte aus Meckesheim, wurde am 12. August 1942 vom Sammellager Drancy bei Paris nach Auschwitz verschleppt, wo sie vermutlich bei ihrer Ankunft sofort ermordet wurde.

Jüdische Ortsgeschichte

Die im frühen 18. Jahrhundert gegründete jüdische Gemeinde Meckesheim zählte immer nur wenige Familien. Trotzdem unterhielt sie eine Synagoge (nach 1830) und einen eigenen Friedhof (1896). Ihre Mitglieder betrieben Handel mit landwirtschaftlichen Produkten, Textilien, Eisenwaren und Vieh. 1933 lebten nur noch 17 Jüdinnen und Juden im Ort. Im Oktober 1937 verfügte das Badische Staatsministerium die Aufhebung der israelitischen Gemeinde von Meckesheim, ihre verbliebenen Mitglieder wurden der Neidensteiner Gemeinde zugeordnet. Da das Meckesheimer Synagogengebäude seit 1937 nicht mehr der jüdischen Gemeinde gehörte, blieb es im Novemberpogrom 1938 vor der Zerstörung bewahrt.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

Das Gebäude der ehemaligen Synagoge in der Leopoldstraße 23 weist noch architektonische Merkmale (Rundbogenstil) aus ihrer Erbauungszeit auf.

Friedhof

Auf dem jüdischen Friedhof (hinter dem kommunalen Friedhof) stehen noch 22 Grabsteine.

Stolpersteine

In Meckesheim erinnern „Stolpersteine“ an Opfer der NS-Herrschaft.

Quellen
Wolber, Edith: Jüdisches Leben in Meckesheim bis 1940. Die vergessene Geschichte eines Kraichgaudorfes, Ubstadt-Weiher u. a. 2015
Wolber, Edith: Mit gebrochenem Herzen in Meckesheim die NS-Zeit überlebt, in: Unser Land (2023), S. 177-184