Meckesheim
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Gedenkstein in Meckesheim

49.320083, 8.819725

Jüdische Ortsgeschichte

Meckesheim Rhein-Neckar-Kreis

Jugendliche des Spielmobils Kraichgau und ihr Anleiter Bernhard Berger gestalteten 2007 die Meckesheimer Gedenksteine. Der Meckesheimer Vor-Ort-Stein steht an der Brücke am Dammweg.

Beschreibung des Gedenksteines

Die Jugendlichen des Spielmobils präsentierten ihren Gedenkstein bei seiner Einweihung 2012 auf dem zentralen Mahnmal in Neckarzimmern: „Der Stein aus Meckesheim säumte den Bahnsteig des Bahnhofs. Er ist ein Bordstein, ein Trittstein. Der Ort, wo Ankommende zum ersten Mal Meckesheimer Boden berührten. Aber auch der Ort, wo die Füße der Aufbrechenden ihren letzten Schritt gingen. Sie alle haben ihre Spuren auf diesem Stein hinterlassen. Wie damals drei Meckesheimer Juden am 22. Oktober 1940. Diese Menschen haben einen ganz besonderen Abdruck zurückgelassen. So unsichtbar wie die Spur auf diesem Stein waren auch die Spuren der Erinnerung an das jüdische Leben. Wir haben versucht, etwas davon freizulegen. Mit jedem herausgelösten Steinsplitter, mit jeder erzählten Erinnerung hat die Spur an Konturen gewonnen.“

Jüdische Ortsgeschichte

Die im frühen 18. Jahrhundert gegründete jüdische Gemeinde Meckesheim zählte immer nur wenige Familien. Trotzdem unterhielt sie eine Synagoge (nach 1830) und einen eigenen Friedhof (1896). Ihre Mitglieder betrieben Handel mit landwirtschaftlichen Produkten, Textilien, Eisenwaren und Vieh. 1933 lebten nur noch 17 Jüdinnen und Juden im Ort. Im Oktober 1937 verfügte das Badische Staatsministerium die Aufhebung der israelitischen Gemeinde von Meckesheim, ihre verbliebenen Mitglieder wurden der Neidensteiner Gemeinde zugeordnet. Da das Meckesheimer Synagogengebäude seit 1937 nicht mehr der jüdischen Gemeinde gehörte, blieb es im Novemberpogrom 1938 vor der Zerstörung bewahrt.

Nach den Ereignissen des Novemberpogroms war es auch den Meckesheimer Jüdinnen und Juden klar, dass sie Deutschland verlassen mussten um ihr Leben zu retten. Auch das Meckesheimer Ehepaar Lina und Meier Kaufmann hatte sich Schiffskarten für die USA gekauft, wie eine Nachbarin berichtete: „Kaufmanns hatten schon alles für die Ausreise vorbereitet. Hatten Überseekoffer da gehabt, die Überfahrt war auch bezahlt gewesen …..“ Vermutlich wollten sie zu einem ihrer Kinder in New York oder Buenos Aires emigrieren. Diese Pläne wurden durch die Deportation am 22. Oktober 1940 zunichte gemacht. Ein Meckesheimerin berichtet, dass Maier Kaufmann bereits am Vortag der Deportation verhaftet worden sei. „Er ist zuerst abgeholt worden. Am Vortag. Am nächsten Tag habe sie die Frau Kaufmann geholt. Meine Mutter war die ganze Nacht bei ihr und hat sie getröstet. Am Rathaus haben sie sie gesammelt. Am Dorfplatz sind dann die Juden alle auf Lastwagen aufgeladen worden.“ In Meckesheim gab es am Tag der Deportation 22. Oktober 1940 schulfrei, wie sich ältere Mecksheimer erinnern: „Auf einmal kam [der Lehrer] Staiger und hat gesagt: ‚Packt Eure Sachen zusammen und geht nach Hause. Meckesheim ist ab heute judenfrei.“ Edith Wolber, die Autorin des Buches „Jüdisches Leben in Meckesheim bis 1940. Die vergessene Geschichte eines Kraichgaudorfes“ vermutet, dass sie mit Lastwagen zum Heidelberger Bahnhof gefahren worden seien, wo ein Deportationszug auf sie wartete. Meier Kaufmann verstarb im November 1942 im Alter von 73 Jahren im französischen Lager Noé, sein Frau Lina in Gurs zu einem unbekannten Zeitpunkt. Lina Stein, die Dritte Deportierte aus Meckesheim, wurde am 12. August 1942 vom Sammellager Drancy bei Paris nach Auschwitz verschleppt, wo sie vermutlich bei ihrer Ankunft sofort ermordet wurde.

Zeugnisse

Ո Auf dem jüdischen Friedhof (hinter dem kommunalen Friedhof) stehen noch 22 Grabsteine.

● Die ehemalige Synagoge in der Leopoldstraße 23 weist noch architektonische Merkmale (Rundbogenstil) aus ihrer Erbauungszeit auf.

Y In Meckesheim erinnern „Stolpersteine“ an Opfer der NS-Herrschaft.

Quellen
Wolber, Edith: Jüdisches Leben in Meckesheim bis 1940. Die vergessene Geschichte eines Kraichgaudorfes, Ubstadt-Weiher u. a. 2015