Ladenburg
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Gedenkstein in Ladenburg

49.472436, 8.61049

Deportation

Am 22. Oktober 1940 mussten alle 27 noch in Ladenburg wohnenden jüdischen Menschen auf dem Marktplatz stehende LKWs steigen, die sie zum Mannheimer Hauptbahnhof brachten, wo mehrere Sonderzüge in Richtung Südwestfrankreich abfuhren. Unter den Ladenburger Deportierten befanden sich sieben Kinder. Dass alle sieben Kinder die Zeit der Verfolgung überleben konnten, verdankten sie den verschiedenen Hilfsorganisationen, die sie mit Einverständnis ihrer Eltern aus den Lagern holten und dem Zugriff der Nationalsozialisten entzogen. Jakob (geb.) und Elias Hirsch (geb.) kamen mit einem Kindertransport in die USA; ihr 1939 geborene Bruder Joel wurde in einem französischen Säuglings- und Kleinkinderheim untergebracht. Ihre Schwester Rahel (geb. 1926) gelangte auf illegalem Weg in die Schweiz, wo sie nach Kriegsende ihre Mutter Selma Hirsch wiederfand, bei der auch Joel mittlerweile lebte. Ihr Vater Fritz Hirsch wurde im März 1943 von Gurs aus über das Sammellager Drancy von den Nationalsozialisten nach Madjanek verschleppt, wo er vermutlich ums Leben gekommen ist. Die Ladenburger Schwestern Lea (geb. 1932) und Ruth Krell (geb. 1933) überlebten in Frankreich. Ihre Eltern sind am 9. September 1942 über Drancy nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet worden. Über den 1938 geborenen Ernst Löwenfels berichtet das Ehepaar Brändle in ihrem Buch „Jüdische Kinder im Lager Gurs : Gerettete und Ihre Retter*innen“: In einem Bericht heißt es, sein Vater habe ihn im August 1942 aus dem Deportationszug geworfen, als er an einem Bahnübergang Nonnen gesehen habe. Die Nonnen versteckten Ernst in ihrem Kloster und machen nach der Befreiung Verwandte in den USA ausfindig.“

Jüdische Ortsgeschichte

In Ladenburg existierte bereits im Mittelalter eine jüdische Gemeinde. Doch erst seit 1622 lassen sich wieder jüdische Familien in der kurpfälzischen Stadt nachweisen. 1848 erbaute sich die jüdische Gemeinde Ladenburg eine Synagoge. Ihre höchste Mitgliederzahl erreichte sie um 1864 mit 125 Personen. 1933 waren drei Manufakturwarengeschäfte im Besitz jüdischer Familien, des Weiteren eine Eisenwarenhandlung, eine Schuhmacherei und eine Maschinen- und Reparaturwerkstätte. Auch zwei jüdische Ärzte praktizierten in der Stadt. Das Verhältnis zur christlichen Bevölkerung bis zum Dritten Reich und darüber hinaus wurde von jüdischen Zeitzeugen als überaus gut beschrieben. Am 10. November, während des Novemberpogroms, demolierten einheimische und auswärtige SS-Männer die Synagoge und das jüdische Gemeindehaus. Die jüdischen Männer Ladenburgs wurden verhaftet und einige Wochen im KZ Dachau festgehalten.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Gedenksteine

Eine Gedenktafel in der Hauptstraße am Standort der ehemaligen Synagoge von Ladenburg informiert über deren Geschichte.

Friedhof

Der jüdische Friedhof ist heute Teil des allgemeinen städtischen Friedhofes von Ladenburg.

Quellen
Arbeitskreis jüdische Geschichte (Hg.): Die jüdischen Ladenburger-ein Beitrag zur Stadtgeschichte, Mannheim 1991
Zieher, Jürgen: „Die Gemeinde galt als Mustergemeinde im Musterländle“. Jüdisches Leben in Ladenburg von 1291 bis 1945, in: Probst, Hansjörg (Hg.): Ladenburg. Aus 1900 Jahren Stadtgeschichte. Ubstadt-Weiher u. a. 1998, S. 671-720
Zieher, Jürgen: „Haus der Ewigkeit" : der jüdische Friedhof in Ladenburg, in: Ladenburger Jahrbuch (2020), S. 102-135