Königheim
16

Gedenkstein in Königheim

49.6181977, 9.5932298

Deportation

Am 22. Oktober 1940 wurden die letzten zwölf in Königheim anwesenden Jüdinnen und Juden nach Gurs deportiert. Als eine Königheimerin, auf ihre Frage, wohin man die Abgeholten verbracht habe, die Antwort erhielt „Die kommen dahin, wo sie hingehören“, dachte sie „nach Palästina“. Sigmund Marx und Bertha Stern verstarben wenige Wochen nach ihrer Ankunft im Lager Gurs, Moses Sommer im Dezember 1941 im Lager Les Milles. Sechs Königheimer Deportierte sind vermutlich in Auschwitz oder in einem anderen Vernichtungslager in Osteuropa ermordet worden.

Auch Flora Sommer stand auf der Liste Abzuholenden. Zufällig war sie aber am 22. Oktober 1940 im amerikanischen Konsulat in Würzburg, um Einwanderungspapiere für ihre Familie zu beantragen. Als sie am 23. Oktober 1940 nach Königheim zurückkehrte, fand sie das „Judenhaus“ verlassen vor. Es gelang ihr noch 1941 in die USA auswandern. Ihren Mann sollte sie nie wiedersehen, er war im französischen Lager Les Milles verstorben. Nach dem Krieg sah sie ihren Sohn Rolf wieder, der bereits 1938 nach Frankreich zu Verwandten gezogen war und mit Hilfe der Resistance den Krieg überleben konnte. Rolf Sommer sowie Rosita Alexander und ihre 1926 geborene Tochter Margot,[i] die Juli/August 1941 von Gurs aus über Spanien und Portugal in die USA auswandern konnten sowie Auguste Marschall, waren die einzigen Königheimer Deportierten, die die Zeit des Nationalsozialismus überlebten.

Jüdische Ortsgeschichte

Die mittelalterliche jüdische Gemeinschaft Königheims wurde 1298 mit Gewalt aufgelöst, in den darauffolgenden Jahrhunderten ließen sich immer wieder Juden im Ort nieder, doch kann erst ab dem 17. Jahrhundert von einer jüdischen Gemeinde gesprochen werden. 1826 berichtet das Wertheimer Bezirksamt, die Königheimer Juden seien „notorisch alle arm“. Dieses Bild wandelte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts, nach dem die Königheimer Juden als Getreide-, Grünkern- und Viehhändler wirtschaftlich an Bedeutung gewannen. Ihre höchste Mitgliederzahl erreichte die jüdische Gemeinde 1875 mit 121 Personen; in diesem Jahr gründete sie ihren eigenen Friedhof. 1888 weihte sie auf dem Platz der alten eine neue Synagoge ein.

Die Königheimer Synagoge wurde während des Novemberpogroms 1938 geplündert und die daraus entwendeten Kultgegenstände auf dem Sternplatz verbrannt. Die jüdischen Einwohner trieb man barfuß durch den eiskalten Brehmbach. Julius Baum wurde von den Nationalsozialisten während des Pogroms nach Buchenwald gebracht und dort ermordet; seine Frau Heidrun nahm sich wenige Wochen später in Frankfurt das Leben. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges mussten die noch im Dorf lebenden Jüdinnen und Juden bis zu ihrer Abholung am 22. Oktober 1940 im sogenannten „Judenhaus“ (Kapellengasse 1) in größter Enge leben.

Mindestens 13 der zwischen 1933 und 1940 in Königheim gemeldeten 37 jüdischen Einwohner kam in der Zeit des Nationalsozialismus um Leben.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Gedenksteine

Eine Hinweistafel am Standort der 1945 kriegszerstörten Synagoge (Münzgasse 2) erinnert an ihre Geschichte.

Friedhof

Am östlichen Ortsrand von Königheim liegt der 1875 angelegte jüdische Friedhof.

Quellen
Gassenbauer, Burkard: Plötzlich abgeholt – die Geschichte der jüdischen Gemeinde Königheim und ihr grausames Ende um Dritten Reich, Königheim (2019)
Hundsnurscher, Franz / Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale. Veröffentlichung der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Bd. 19, Stuttgart 1968, S. 157-159