Ihringen
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Gedenkstein in Ihringen

48.0429731, 7.6482455

Deportation

Am 22. Oktober 1940 holten die Nationalsozialisten 12 oder mehr Jüdinnen und Juden aus Ihringen ab. In Gurs bzw. in den südfranzösischen Internierungslagern Récébédou und Rivesaltes verstarben Julius Felsenstein, Siegfried Felsenstein, Philipp und Sophie Lion, Julius Bloch und Camilla Bloch. Caroline Ginsburg, Marx und Karoline Guggenheimer, Benjamin und Rosa Lion wurden nach Auschwitz verbracht und dort ermordet. Nur ein kleiner Teil der Ihringer Deportierten überlebte die Zeit der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Einer von ihnen war der 1926 geborene Kurt Lion der mit seinen Eltern Rosa und Philipp Lion in das Lager Gurs verschleppt worden war. Der Vater ist im Oktober 1940 im Lager Rivesaltes, in das die Familie 1941 verlegt worden war, verstorben, die Mutter wurde am 14. August 1942 vom Sammellager Drancy aus nach Auschwitz verschleppt. Kurt flüchtet aus dem Lager, später schloss er sich der Résistance an.1946 wanderte er in die USA aus.

Jüdische Ortsgeschichte

Um 1716 siedelten sich die ersten Juden in Ihringen an, sie stammten aus der Schweiz und aus dem Elsass. 1760 erbaute sich die jüdische Gemeinde ihre erste Synagoge. 1863/64 ihre zweite im Stil der Neo-Renaissance. Um 1870 weihte sie ihren Friedhof ein. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1857 mit 263 Personen erreicht. 1933 existierten noch etliche jüdische Firmen in Ihringen: neun Viehhändler, zwei Pferdehändler, ein Metzger und mehrere Textilgeschäfte und Läden.

Die Nationalsozialisten fassten früh in Ihringen Fuß. 1935 mussten die jüdischen Händler ihre Gewerbe aufgeben, ein Jahr später wurden die jüdischen Schülerinnen und Schüler aus der Volksschule ausgeschlossen; sie mussten die jüdische Schulabteilung in Freiburg besuchen. Am 10. November 1938 setzten SS-Männer die Synagoge in Brandt und zwangen die jüdische Bevölkerung dabei zuzuschauen. Zu Misshandlungen soll es während des Novemberpogroms in Ihringen allerdings nicht gekommen sein. Hansjörg Sick, der Sohn des damaligen evangelischen Pfarrers von Ihringen, erinnert sich an den Pogrom: „Abends ging mein Vater hinunter zur ausgebrannten Synagoge. Ich lief mit. Auf dem Vorplatz zerstreut sah man Bücher und Schriften, irgendwo lag ein demoliertes Harmonium. Einige ältere Leute kamen dazu. Man spürte die gedrückte Stimmung. Einer der Männer trat auf meinen Vater zu und sagte: ‚Herr Pfarrer, wenn die Synagogen brennen, dann brennt noch mehr.' Aber mein Vater schwieg.“ Ebenfalls am 10. November 1938 wurden die jüdischen Männer Ihringen festgenommen und für mehrere Wochen lang im KZ Dachau festgehalten.

Ihre Mutter Karoline, geb. Guggenheimer , *2. Januar 1877 in Ihringen wurde aus diesem Haus heraus ebenfalls am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Sie konnte dem Lager entkommen, blieb in Frankreich bis zur Befreiung unentdeckt. Sie konnte, wie ihr Enkel Siegfried, 1946 die Überfahrt in die USA antreten, wo ihr Sohn Deni sie bereits sehnlich erwartete.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Gedenksteine

In der Bachenstraße, am Standort der ehemaligen Synagoge, erinnert eine Stele an die Zerstörung der Synagoge und das Unrecht, das den Ihringer Juden in der Zeit des Nationalsozialismus angetan wurde. 2009 wurde neben der Stelle eine Gedenktafel mit den Namen der jüdischen NS-Opfer Ihringens aufgestellt.

Friedhof

In dem in den Weinbergen gelegenem jüdischen Friedhof stehen etwa 250 Grabsteine (am Weg nach dem Blankenhornsberg).

Quellen
Huggle, Ursula: Angeklagt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit: die Pogromnacht in Freiburg, Breisach, Ihringen und Eichstetten im Spiegel des Prozesses von 1949, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 149 (2001), S. 437-469
Günther, Karl: Juden aus Ihringen und Eichstetten auf dem alten jüdischen Friedhof in Emmendingen, in: s Eige zeige 5 (1991), S. 75-98