Hörden
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Gedenkstein in Hörden

48.778271, 8.338062

Deportation

Am 22. Oktober 1940 nahm ein aus Gernsbach kommender Bus Julie Stern, das Ehepaar Emilie und Julius Maier auf sowie Therese Maier, die Schwester von Julius Maier und fuhr sie zum Rastatter Bahnhof. Ein damals sieben Jahre altes Hördener Mädchen sah, wie das Ehepaar Maier auf den Lastwagen gestoßen wurde. Sie rannte erschrocken in das Kolonialwarengeschäft ihrer Mutter: „Mama, die holen die Maiers ab!“ Den wenigen Hördener Christen, die sich nach dem Verbleib der Abgeholten erkundigten, sagte man: „Die Maiers, die sind nach England zu ihren Kindern.“ Der Besitz der Abgeschobenen wurde im ehemals jüdischen Gasthaus „Zum Anker“ öffentlich versteigert. Briefe der in den USA lebenden Kinder von Julius und Emilie Maier deuten an, dass sie ihren Eltern Schiffspassagen nach Amerika ins Lager schicken wollten. Da aber das Ehepaar zeitlich getrennt voneinander hätte fahren müssen, entschloss es sich, auf eine weitere Überfahrt zu warten, die jedoch nicht zustande kam. Im August 1942 wurden Julius und Emilie Maier von Gurs aus über das Sammellager Drancy nach Auschwitz verschleppt und dort vermutlich ermordet. Auch Therese Maier wurde nach Auschwitz deportiert.

Jüdische Ortsgeschichte

In der zweiten Hälfte des 17. und im 18. Jahrhundert lebten vereinzelt jüdische Familien in dem badischen Dorf Hörden. Zu Beginn des 19. Jahrhundert umfasste die kleine jüdische Gemeinde nur 20 Personen, 1887 erreichte sie mit 71 Mitgliedern ihren höchsten Stand. Trotz der geringen Mitgliederzahl konnte sie 1862 eine eigene Synagoge einweihen. Nach der Vereinigung der jüdischen Gemeinde Hörden mit ihrer Nachbargemeinde Gernsbach 1928 kaufte die politische Gemeinde Hörden das ehemalige jüdische Gotteshaus.

1933 wurden in Hörden 14 jüdische Menschen gezählt. Bürgermeister Schwan, der versuchte, sie vor Repressalien zu schützen, wurde im NS-Hetzblatt „Der Stürmer“ deswegen angeprangert. Noch im Januar 1935 ernannte die Hördener Feuerwehr ihr jüdisches Mitglied Julius Maier zum Ehrenkommandanten, wurde aber gezwungen, diese Ehrung wieder rückgängig zu machen. Während des Novemberpogroms 1938 demolierten Gernsbacher SA-Leute das Textilwarengeschäft von Julius Maier und die Einrichtungen des Gasthauses „Zum Adler“. Adlerwirt Ludwig Stern wurde wie die meisten jüdischen Männer in Baden am 10. November 1938 in das KZ Dachau verschleppt. Dort kam er am 28. November 1938 ums Leben.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Stolpersteine

Hördener „Stolpersteine“ liegen vor dem ehemaligen jüdischen Gasthaus „Adler" sowie am Standort des ehemaligen Textilhauses Julius Maier und vor der ehemaligen Metzgerei Emil Maier. https://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine_in_Gaggenau

Quellen
Behne, Ulrich: Verstreute Spuren. Verblasste Erinnerungen. Die jüdische Gemeinde Hörden. Die jüdischen Kaufmannsfamilien in Gaggenau. Der Rotenfelser Arzt Dr. Meyerhoff und seine Familie, Ubstadt-Weiher u. a. 2019