Großeicholzheim (Seckach)
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Gedenkstein in Großeicholzheim

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Deportation

Am 22. Oktober 1940 wurden aus Großeicholzheim 16 Jüdinnen und Juden nach Gurs deportiert. Bei seiner Abholung schenkte Max Kälbermann dem Polizeidiener Ludwig Siegrist ein Paar Stiefel mit den Worten: „Lud, ich hab dir ein Paar Stiefel in den Stall gestellt.“ Acht der Großeichholzheim Deportierten wurden 1942 von französischer Polizei bzw. von deutschen Soldaten von Gurs aus über das Sammellager Drancy nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet. Im Lager Gurs verstarben sechs Deportierte sowie eine Person im Nebenlager Noé. Therese Israel, geb. Sternweiler überlebte als einzige Großeicholzheimer Deportierte die Zeit der Verfolgung.

Jüdische Ortsgeschichte

Die Ursprünge der jüdischen Gemeinde des kurpfälzischen Marktortes Großeicholzheim reichen zurück in die frühe Neuzeit (Ersterwähnung 1541/42). Gegen Ende des 18. Jahrhunderts lebten 14 jüdische Familien am Ort. Die um 1800 eingerichtete Synagoge in der Wettgasse wurde 1887 durch einen Neubau (Architekt Dr. Kniehl) an gleicher Stelle ersetzt. In der dreijährigen Übergangsphase zwischen Abriss der alten und Einweihung der neuen Synagoge konnte die israelitische Gemeinde ihre Gottesdienste im Rathaus von Großeicholzheim feiern. Ihre höchste Mitgliederzahl erreichte sie 1900 mit 112 Personen (15 % der Einwohnerschaft), 1925 waren es nur noch 56. Neben einem größeren Viehhandel gab es im Dorf an jüdischen Betrieben eine Metzgerei, eine Viehhandlung, ein Textilwarengeschäft und ein Woll- und Weißwarengeschäft. Das Schuhgeschäft von Max Kälbermann verkaufte die in der ganzen Region bekannten „Herz-Schuhe“, die sein Vater Herz Kälbermann in seiner Tuttlinger Schuhfabrik herstellte. Die Gaststätte „Lamm“ versorgte jüdische Durchreisende mit koscherem Essen.

1931 beschimpfte der nationalsozialistische "Heidelberger Beobachter" Großeicholzheim als "die Judenmetropole" .Während des Novemberpogroms, am Vormittag des 10. Novembers 1938, wurden in der Großeicholzheimer Synagoge Fenster eingeworfen VON WEM ? und die Inneneinrichtung demoliert. Am späten Abend desselben Tages drangen unter dem Kommando eines auswärtigen Gendarmeriebeamten erneut mehrere Leute in das jüdische Gotteshaus ein, schlugen die noch wenigen noch ganz gebliebenen Fenster ein und stießen  Bänke und den Ofen um.

In der NS-Zeit sind von den 1933 im Dorf wohnhaften 56 jüdischen Personen mindestens 17 ums Leben gekommen.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Andere Zeugnisse

Das Portal der ehemaligen Synagoge (Wettgasse 14) trägt die hebräische Inschrift: „Denn mein Haus wird ein Haus des Gebets für alle Völker genannt.“

Quellen
Kegelmann, Helmut: Die jüdische Gemeinde und die Synagoge in Großeicholzheim: um 1900 zählte das Baulanddorf 112 Einwohner jüdischen Glaubens, Unser Land 2015, S. 177-180