Eberbach
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Gedenkstein in Eberbach

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Deportation

Am 22. Oktober 1940 wurden die 16 noch in Eberbach wohnenden Jüdinnen und Juden beim damaligen Rathaus am Alten Markt zusammengetrieben; dorthin sei auch Julchen David aus Zwingenberg gebracht worden. Ein Lastwagen transportierte diese traurige Fracht zum Heidelberg Bahnhof, wo ein Sonderzug bereitstand, um die Jüdinnen und Juden aus Heidelberg und aus dem Neckartal nach Südwestfrankreich zu fahren. Das Hab und Gut der Verschleppten wurde auf Anordnung des Landratsamtes in der städtischen Turnhalle versteigert.

Julchen David und vier der Eberbacher Deportierten verstarben nur wenige Tage oder Wochen nach ihrer Ankunft in Gurs, zwei sind im Nebenlager Récébédou verstorben. Vier Deportierte wurden im August 1942 über das Sammellager Drancy nach Auschwitz gebracht und dort ermordet. Nur sechs der 16 Eberbacher Deportierten gelang es, zu emigrieren oder in Frankreich bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges unterzutauchen.

Jüdische Ortsgeschichte

Die im Mittelalter in der kurpfälzischen Stadt Eberbach erwähnten Juden waren den Pogromen 1298 und 1349 zum Opfer gefallen. Erst vier Jahrhunderte später zogen wieder jüdische Familien in die Stadt. 1825 wohnten 21 Jüdinnen und Juden dort. 1875 umfasste die israelitische Gemeinde 57 Mitglieder, 1900 bereits 138 (2,3 % der Einwohnerschaft Eberbachs). 1860 ließ sie ein Haus zu einem Gemeindezentrum umbauen. Als dieses Gebäude 1897 wegen Baufälligkeit geschlossen werden musste, wurden die Schabbatgottesdienste bis zur Einweihung der neuen Synagoge 1913 (Adolf-Knecht-Straße/Brückenstraße) in privaten Häusern gefeiert. 1891 eröffnete die jüdische Gemeinde ihren eigenen Friedhof, davor hatte sie ihre Toten auf den jüdischen Friedhof im hessischen Hirschhorn bestattet.

Während des Novemberpogroms brannte die Eberbacher Ortsgruppe 12/32 der SS am 10. November 1938 die Synagoge nieder und zerstörte Schaufenster der jüdischen Geschäfte. Sechs jüdische Männer wurden am gleichen Tag in das Konzentrationslager Dachau verschleppt und dort für mehrere Wochen festgehalten.

Von den 1933 noch 39 in Eberbach wohnenden jüdischen Personen kamen mindestens 17 ums Leben.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Gedenksteine

Ein Gedenkstein erinnert am Synagogenplatz an die Geschichte der ehemaligen Synagoge und an die Eberbacher Jüdinnen und Juden (Zwingerstraße / Binnetzgasse).

Friedhof

Der jüdische Friedhof Eberbachs liegt am Ohrsberg nördlich der Stadt.

Stolpersteine

Stolpersteine in Eberbach erinnern an jüdische NS-Opfer.

Quellen
Hofmeyer, Rainer: Wer brannte am 10. November 1938 die Eberbacher Synagoge nieder?“ in: Eberbacher Geschichtsblatt 123 (201), S. 192-210
Hofmeyer, Rainer: Vor den Augen der Bevölkerung zusammengetrieben: die Deportation der Eberbacher Juden 1940, in: Eberbacher Geschichtsblatt 120 (2021), S. 210-221
Joho, Helmut: „Vergiß nie – auch für mich ist Eberbach stets meine Heimat gewesen“. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Eberbach, in: Eberbacher Geschichtsblatt 88 (1989), S. 7-82
Schmitt, Bruno: Eberbach am Neckar. "Hochburg der nationalsozialistischen Bewegung" im Odenwald von 198 bis 1945, Ubstadt-Weiher 2012
Seligmann, Zacharias: Erlebnisse und Erinnerungen eines Erberbacher Juden aus dem Jahre 1924, in: Ebersbacher Geschichtsblatt 88 (1989), S. 83-100Hundsnurscher, Franz / Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale.