Dertingen (Wertheim)
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Jüdische Ortsgeschichte
Obwohl die Ursprünge der jüdischen Gemeinde Dertingen ins 15. Jahrhundert zurückreichen, umfasste sie nie mehr als 54 Personen (1850). Trotz ihrer geringen Mitgliederzahl unterhielt sie eine Synagoge (1814 erbaut), eine Mikwe und ein Schlachthaus. Ihre Toten brachte sie auf den jüdischen Friedhof von Wertheim, einen eigenen besaß sie nicht. 1925, als nur noch wenige jüdische Menschen im Ort lebten, wurde die jüdische Gemeinde vom Oberrat der Israeliten Badens aufgelöst. Die wichtigste jüdische Familie in Dertingen war die Familie Schwarzschild, die drei Generationen lang die Schmiede im Ort stellten. Adolf Schwarzschild war der letzte jüdische Schmied Dertingens, mit seiner Frau Sophie wurde er am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Im Sommer 1942 verschleppten die Nationalsozialisten mit Hilfe der französischen Polizei die Eheleute von Gurs in das KZ-Auschwitz. Im Februar 1941 wurde deren (Stief)-Tochter Erika im Rahmen der NS-„Euthanasie“-Verbrechen in der Tötungseinrichtung Hadamar ermordet; ebenso dann im August 1944 die (nicht jüdische) Elisabeth Mattern, geb. Diehm.
Zeugnisse einer jüdischen Gemeinde in Dertingen reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Der älteste Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Wertheim eines Verstorbenen aus Dertinger Juden 1699 gesetzt. Obwohl die Ursprünge der jüdischen Gemeinde Dertingen weit zurückreichen, umfasste sie nie mehr als 54 Personen (1850), was 5,6% der Einwohner Dertingens entsprach. Trotz ihrer geringen Mitgliederzahl unterhielt sie eine Synagoge (1814 erbaut), eine Mikwe und ein Schlachthaus. Die wichtigste jüdische Familie in Dertingen war die Familie Schwarzschild, die von dem ca. 1777/78 in Dertingen geborenen Juden Seligmann Jacob abstammte, der damals den Namen Schwarzschild annahm. Mit Adolf Schwarzschild stellte die Familie bereits zumindest in der dritten Generation den Schmied in Dertingen. Im Dorf lebten auch jüdische Familien mit Namen Rot(h)schild. Die jüdische Gemeinde Dertingen erlosch 1925, weil nur noch acht erwachsene Männer in der Gemeinde waren, für einen synagogalen Gottesdienst aber zumindest 10 Männer notwendig sind. Die verbliebenen jüdischen Familien schlossen sich der Wertheimer jüdischen Gemeinde an.
Erika Schwarzschild, die Tochter Adolf Schwarzschild und seiner Ehefrau Sophie, geb. Brückheimer ging nicht den Leidensweg der Juden in die Vernichtungslager, sondern wurde im Rahmen der NS-„Euthanasie“-Verbrechen in Hadamar, einem der sechs Tötungszentren der Nazis, am 7. Februar 1941 ermordet. Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des „Gedenkbuches – Opfer der Verfolgung der Juden ...“ sind insgesamt acht aus Dertingen stammende jüdische Bewohner Opfer der Shoa geworden (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/dertingen_synagoge.htm)
Das Synagogegebäude steht in der Oberen Straße 23 (heute Wohnhaus).
"Stolpersteine“ in der Albachstraße 42 erinnern an die jüdische Familie Adolf Schwarzschild & Sophie, geb. Brückheimer sowie an Tochter bzw. Stieftochter Erika Schwarzschild (Opfer der NS-„Euthanasie“-Verbrechen).