Billigheim
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Gedenkstein in Billigheim

49.349207, 9.255593

Jüdische Ortsgeschichte

Ab dem 17. Jahrhundert lebten jüdische Familien in dem zum Kurfürstentum Mainz bzw. zu dem Fürstentum Leinigen gehörenden Dorf. 1804 erbaute sich die dortige jüdische Gemeinde eine Synagoge. Die jüdischen Familien ernährten sich vorwiegend vom Handel mit Vieh und von Waren aller Art. 1836/39 gehörten der jüdischen Gemeinde 140 Personen an; 1875 69 (7,6 % der Ortsbevölkerung) und 1925 nur noch 27 (3,1%). 1933 gab es noch zwei jüdische Viehhandlungen und ein jüdisches Textilgeschäft in Billigheim.

Das Verhältnis zwischen den jüdischen und christlichen Einwohnern Billigheims wurde von Zeitzeugen als gut beschrieben: „Deshalb wirkte sich auch der nationalsozialistische Boykott bis 1938 kaum aus.“ Dennoch wurde die Billigheimer Synagoge am 10. November 1938 während des Novemberpogroms von SA-Männern demoliert. Nur weil ein im Erdgeschoss der Synagoge lebender „arischer“ Schneider sich weigerte, seine Wohnung zu verlassen, nahm die SA Abstand von einer Brandstiftung.

Zehn jüdische Frauen und Männer wurden am 22. Oktober 1940 von Billigheim nach Gurs verschleppt. Sie seien „abgereist“, „mit hier unbekanntem Ziel“, notierte die Billigheimer Gemeindeverwaltung. Thekla Woll, die seit dem 10. Oktober 1940 im Mosbacher Krankenhaus lag, wurde von dort aus nach Gurs verschleppt. Unter den Billigheimer Deportierten befanden sich auch Vater Abraham und der 1926 geborene Sohn Max Bendheim. Die Mutter Johanna Bendheim hielt sich zum Zeitpunkt der Deportation in der jüdischen Lungenheilanstalt in Nordrach (Schwarzwald) auf und wurde deshalb erst im September 1942 von dort aus in das KZ Theresienstadt deportiert, wo sie zwei Wochen nach ihrer Ankunft ums Leben kam. Ebenfalls im September 1942 wurden ihr Sohn und ihr Mann von den Nationalsozialisten von dem Lager Rivesaltes aus nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet.

Mindestens 12 der 1933 in Billigheim gemeldeten Jüdinnen und Juden kamen in der Zeit der Herrschaft der Nationalsozialisten ums Leben.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Friedhof

An die „leidbedrängten Juden des Dorfes“ erinnert eine Tafel an der Einsegnungshalle am kommunalen Friedhof von Billigheim.

Quellen
Sparacio, Felicia: Erinnerung an jüdisches Leben in Billigheim - drei Konjunkturen, in: Alltagskulturen, Oktober 2013, S. 1-38
Metzger, Gabi: „...und gedenken der Vergangenheit...“. Die Billigheimer Synagoge, in: Unser Land (1987), S. 159-160