Berwangen (Kirchhardt)
6

Gedenkstein in Berwangen

49.184423942542, 8.9799306121642

Jüdische Ortsgeschichte

Vermutlich lebten schon im 17. Jahrhundert jüdische Familien im reichsritterschaftlichen Dorf Berwangen. Ihre um 1770/71 zum ersten Mal erwähnte Synagoge ließ die jüdische Gemeinde 1845 durch ein neues Gotteshaus in der Badersgasse ersetzen. Um die gleiche Zeit gründete sie einen eigenen Friedhof; davor hatte sie ihre Toten auf den jüdischen Friedhöfen in Heinsheim oder in Waibstadt beigesetzt. Ihre Höchstzahl erreichte die jüdische Gemeinde Berwangens 1862 mit 194 Seelen, danach ging ihre Mitgliederzahl stetig zurück. 1875 zählte sie 138 Mitglieder (14,3 % der Ortsbevölkerung), 1924 nur noch 59 (6,9 %). An jüdischen Vereinen existierten in Epppingen in der Weimarer Republik der Israelitische Männerverein, der Begräbnisverein „Chevroth Noschim“ und der Israelitische Frauenverein.

1933 umfasste die jüdische Gemeinde Berwangens noch 33 Mitglieder. Angesichts der sich steigernden Repressalien und des wirtschaftlichen Boykotts, zogen mehrere Mitglieder in größere Städte oder wanderten aus. Während des Novemberpogroms 1938 verprügelten auswärtige SA-Männer mehrere jüdische Männer mit Gummiknüppeln und beschädigten die Synagoge.

Am 22. Oktober 1940 wurden die letzten acht in Berwangen lebenden Jüdinnen und Juden in das Internierungslager Gurs deportiert. Eine Zeitzeugin, damals ein Kind, erinnerte sich an die Abholung ihrer Freundin Elsa Gutmann: „Die Els hat so einen Seesack gehabt, den hat sie mitgeschleift.“ Von Aron Weil wird berichtet, er habe „bloß einen Teppich über dem Arm gehabt und so ein kleines Köfferle“. Was mit Aron Weil geschehen ist, ist ungeklärt, er wird aber zu den Opfern des Nationalsozialisten zu zählen sein, ebenso Aron Kirchheimer, der nur wenige Wochen nach der Deportation 85jährig im Lager verstorben war. Im Sommer 1942 holte französische Polizei Helene Klaus, Gerda und Sophie Frank sowie Flora und Zerline Kirchheimer aus dem Lager, um sie den Nationalsozialisten zu übergeben, die sie nach Auschwitz verbrachte, wo sie vermutlich noch am Tag ihrer Ankunft ermordet wurden. Abraham und Elsa Gutmann überlebten versteckt in französischen Lagern und Hospitälern; im August 1946 kehrte das Ehepaar nach Berwangen zurück.

Abraham Gutmann verstarb 1948, seine Frau Else kümmerte sich um die Pflege der Gräber auf dem jüdischen Friedhof; als sie 1975 verstarb, war ihr Begräbnis das letzte auf dem jüdischen Friedhof von Berwangen.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Friedhof

Auf dem jüdischen Friedhof am Fürfelderweg stehen etwa 100 Grabsteine.

Ein 2021 eingeweihter „Historischer Rundgang“ bezieht die jüdische Geschichte Berwangens mit ein.

Quellen
Wanner, Peter: Berwangen Bockschaft Kirchardt. Ein 2. Heimatbuch, Kirchardt 1993, S. 88-98
Angerbauer, Wolfram / Frank, Hans Georg: Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn, Heilbronn 1986, S. 46-50