Baiertal (Wiesloch)
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Gedenkstein in Baiertal

49.302398, 8.738887

Jüdische Ortsgeschichte

1716 wurden zum ersten Mal jüdische Familien in Baiertal erwähnt. 1839 konnte die jüdische Gemeinde von Baiertal ihre Synagoge einweihen 1850 erreichte sie mit 170 Personen ihre höchste Mitgliederzahl. 1925 lebten nur noch 31 Jüdinnen und Juden im Dorf (1,4 % der Ortsbevölkerung). Bis nach 1933 waren mehrere Handels- und Gewerbebetriebe im Besitz jüdischer Bürger, darunter eine Tabakhandlung, eine Pferdehandlung, ein Mehlhandel, eine Gemischtwarenhandlung und eine Zigarrenfabrik.

Während des Pogroms am 10. November 1938 wurde das Gotteshaus der jüdischen Gemeinde niedergebrannt, die Ruine später abgebrochen. Kurt Roberg, der seine Sommerferien oft bei seiner Tante Babette Marx in Baiertal verbrachte, schrieb anlässlich des 80. Jahrestag des Pogroms einem Baiertaler Freund: „Es war so nett, heute von Dir zu hören und es freute mich besonders, als Du mir erzähltest, dass Baiertal den 80. Jahrestag der Kristallnacht mit einer Pflege der Stolpersteine würdigt. Gerne denke ich zurück an die glücklichen Tage meiner Jugend, die ich jedes Jahr während der 1930er Jahre in Baiertal verbrachte. Die Stolpersteine erinnern jedoch auch an den grausamen Tag am 23. Oktober 1940, als die noch dort verbliebenen Juden und Jüdinnen, unter ihnen auch meine liebe Tante Babette [Feibelmann], Bävelle genannt, aufs Grausamste aus ihren Häusern und ihrem Leben gerissen wurden und zuerst ins Internierungslager Gurs in Frankreich geschickt wurden und später nach Auschwitz, wo sie ermordet wurden. Es ist wichtig für die Jugend, sich an die Geschichte dieser Zeit zu erinnern und davon zu lernen.“

Die am 22. Oktober 1940 noch in Baiertal lebenden 14 Jüdinnen und Juden wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Acht von ihnen, Babette Feibelmann, Nathan Gumberich, Cäsar und Rosa Kaufmann, Josef und Hannchen Kaufmann sowie Gustav und Julchen Oppenheimer wurden von Gurs oder einem anderen französischen Lager ab dem Sommer 1942 über das Sammellager Drancy in das KZ Auschwitz verschleppt. Nur Johanna Marx überlebte in Frankreich. Die Schicksale der anderen fünf Baiertaler Deportierten ist nicht geklärt.

Mindestens 15 Jüdinnen und Juden aus Baiertal kamen in der Zeit zwischen 1933 und 1945 ums Leben.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Andere Zeugnisse

Auf dem Synagogenplatz (Ecke Mühlstraße / Pauline-Maier-Straße) steht die „Synagogensäule“ mit Infotafel.

Quellen
Hundsnurscher, Franz / Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale. Veröffentlichung der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Bd. 19, Stuttgart 1968, S. 42