Altdorf (Ettenheim)
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Jüdische Ortsgeschichte

Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Altdorf reicht in das 17. Jahrhundert zurück. Sie gehörte zu den mitgliederstarken jüdischen Gemeinden, die sich um den altehrwürdigen jüdischen Friedhof von Schmieheim gruppierten. 1825 machte sie mit 244 Seelen ca. 20 Prozent der Altdorfer Einwohnerschaft aus. Im Jahr 1868 konnte sie ihre im maurischen Stil gebaute Synagoge auf dem Platz einer Vorgängersynagoge einweihen. Am 10. November 1938 wurde das Gotteshaus Ziel der Zerstörungswut der in Altdorf eingedrungenen auswärtigen SA-Männern und weiterer NS-Parteiangehörigen. Sie demolierten den Betsaal und stürzten die steinernen Gebotstafeln vom Giebel der Westfassade. Danach drangen sie in jüdische Häuser ein, um dort ihr Zerstörungswerk fortzusetzen.

Am 22. Oktober 1940 wurden die 11 oder 13 noch in Altdorf lebenden jüdischen Bewohner in das südfranzösische Lager Gurs deportiert. Emil Rothschild kam dort 1941 ums Leben, Ida Blum verstarb 1942 im Lager Noe. Emma Groß, das Ehepaar Levi, Simon Scheibe, Hilde und Klara Wertheimer wurden im Sommer 1942 von den Nationalsozialisten von Gurs aus nach Auschwitz verschleppt und vermutlich dort ermordet. Jenny Scheibe (geb. Rothschild), mit 20 Jahren jüngste der Altdorfer Deportierten, konnte mit Hilfe der Quäkerin Helga Holbeck überleben. Ihre am 15. Juli 1941 im Lager geborene Tochter Helga, ist vier Wochen nach ihrer Geburt verstorben. Ihr Ehemann Simon Scheibe wurde am 26. August 1942 vom Sammellager Drancy nach Auschwitz verbracht.

Von den 1933 in Altdorf wohnhaften 51 jüdischen Personen kamen mindestens 22 in der Zeit der nationalsozialistischen Verfolgung ums Leben. Im Sommer 1988 besuchten ehemalige Ettenheimer und Altdorfer Jüdinnen und Juden auf Einladung der Stadt Ettenheim ihren Heimatort.

Zeugnisse jüdischen Lebens
Synagoge

Die im „maurischen“ Stil erbaute ehemalige Altdorfer Synagoge steht in der Eugen-Lacroix-Straße 2. Heute beherbergt das Gebäude die „Kunsthalle Altdorf“, es dient aber auch als Ort des Gedenkens: https://fv-kunsthalle-altdorf.de

Andere Zeugnisse

An der Eingangstüre der ehemaligen „Judenschule“ in der Schmieheimer Straße 7 ist eine Mesusakapsel angebracht.

Quellen
Rottenecker, Bernd: Altdorf. Jüdisches Leben in der Ortenau. 2018, S. 75 – 80.
Bloß, Melanie: Das Altdorfer Mahnmalprojekt: Verknüpfung von Wissen und Fühlen, in: Kirchengeschichtliches Autorenkollektiv: Kirchengeschichte - Landesgeschichte – Frömmigkeitsgeschichte, Remscheid 2008, S. 31-46
Uttenweiler, Bernhard: Das Novemberpogrom in Altdorf, in: Historischer Verein (Hg.): Schicksal und Geschichte der jüdischen Gemeinden Ettenheim, Altdorf, Kippenheim, Schmieheim, Rust, Orschweier, Ettenheim 1997, S. 53-57