Nussloch
Der neue Gedenkstein
Bereits im Jahr 2009 wurde im Nußlocher Park das Mahnmal für die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger errichtet. Leider hat die Witterung das Nußlocher Mahnmal im Laufe der Jahre fast völlig zerstört. Im Frühjahr 2019 fand sich eine Gruppe von evangelischen, katholischen und jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zusammen, mit dem Ziel, die Neugestaltung eines Mahnmals zum Gedenken an die verschleppten jüdischen Mitbürger voranzubringen. Jugendliche der evangelischen Gemeinde und katholische Pfadfinderinnen und Pfadfinder und engagierte Konfirmandinnen und ein ehemaliger Konfirmand trugen ihre Ideen zur Gestaltung des Mahnmals zusammen, unterstützt durch den Steinmetz Herrn Wolf.
So entstand der Entwurf einer Stele aus unbehandeltem Stein: kalt, schroff und dunkel. Den Stein durchtrennt ein Riss, der auf den Riss in der Nußlocher Bürgerschaft zur Zeit der Deportation verweist. Oben auf dem Gedenkstein liegt – in hellem Stein gearbeitet – das „Buch des Lebens“. Darin sind die Namen der Deportierten, der Schriftzug “Gedenke – Vergiss nicht!“ und der Davidsstern eingraviert. Von der Dunkelheit zum Licht, vom dunklen Stein zum hellen „Buch des Lebens“, als Zeichen der Hoffnung, ein Zeichen der Erinnerung und des Gedenkens.
Vor Ort: Im Nußlocher Park
Der alte Gedenkstein
Das Mahnmal wurde unter aktiver Mitwirkung von Jugendlichen aus der evangelischen und katholischen Gemeinde konzipiert und gestaltet, begleitet von der damaligen Gemeindediakonin Frau Gottfried und Pastoralreferent Herr Müller.
Der Nusslocher Memorialstein symbolisiert auf seiner Vorderseite den Leidensweg der Jüdinnen und Juden. Die Nennung der Orte Nußloch und Gurs sowie der Jahreszahl 1940 weisen auf die Eckpunkte des Geschehens hin. Es gibt keine hinreichende menschliche Erklärung für das Geschehen, sodass als Ausweg und zum Zeichen der Erlösung nur die Weggemeinschaft mit Gott bleibt, symbolisiert durch die „Jakobsleiter“. Auf der Rückseite des Steines sieht man die Weltkugel, um daran zu erinnern, das auch viele Jüdinnen und Juden von Menschen verschiedener Herkunft und Nationalität der Religionszugehörigkeit unter Einsatz ihres eigenen Lebens gerettet wurden. Die Deckplatte des Steines ist zweifach gestaltet. Seine Unterseite trägt in hebräischer Schrift den Gottesnamen „Jahwe“. Die sichtbare obere Fläche hat als Schriftzug die Umschreibung dieses Gottesnamens, da man im Judentum den Namen Gottes ehrfurchtsvoll und nur ausspricht steht auf der Deckplatte „Möge ER gedenken“.
Geschichtsabriss:
Erstmals werden 1712 Juden am Ort genannt. Mitte des 17. Jahrhunderts feierten die Nußlocher Juden ihre Gottesdienste in einem Betsaal. Es ist unklar, ob es sich bei diesem Betsaal um den Betsaal der im Juli 1938 verkauften Synagoge (Friedrichstraße) handelte. Die höchste Zahl jüdischer Bewohner wird um 1871 mit 68 Personen erreicht. 1900 waren es noch 41, 1925 nur noch 21. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert soll es nach Auskunft der Archive einen jüdischen Friedhof in Nußloch gegeben haben (Lage unbekannt). Im 19. und im 20. Jahrhundert setzte die jüdische Gemeinde Nußloch ihre Toten in Heidelberg bzw. Wiesloch bei.
Am 22. Oktober 1940 wurden die Schwestern Else und Gertrud Mayer und das Ehepaar Julius und Karoline Bernheim von Nußloch aus in das Lager Gurs verschleppt. Alle vier Deportierten konnten das Ende der Verfolgung nicht erleben. Der 83jährige Julius Bernheim erlag am 12. November 1940 nur wenige Tage nach der Ankunft in Gurs den dort herrschenden unmenschlichen Lebensbedingungen; Else und Getrud Mayer wurden im August 1942 von Gurs aus über das Sammellager Drancy bei Paris nach Auschwitz verbracht und dort ermordet. Das Schicksal der 1859 geborenen Karoline Bernheim ist nicht geklärt.
In Nußloch erinnern vier „Stolpersteine“ an die am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportierten Nußlocher Jüdinnen und Juden.