Nordrach
Gruppe: 2006 / Jugendgruppe der katholischen Gemeinde Nordrach
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Der Nordracher Memorialstein besteht aus einem Findling aus dem Nordracher Gemeindewald. Er erinnert an die Patientinnen und Mitarbeitenden der Rothschild’schen Lungenheilanstalt in Nordrach, die zu verschiedenen Zeiten deportiert wurden. Von der Deportation am 22. Oktober 1940 wurde Martin Mayer Wehl, der Bruder des Klinikchefs erfasst. Die als nicht transportfähig erklärten 26 Patientinnen wurden samt Chefarzt und Personal 1942 nach Auschwitz verschleppt.
Vor Ort: Vor der ehemaligen Rothschild’schen Lungenheilanstalt an der Straße
Geschichtsabriss:
In Nordrach wurde 1905 ein Sanatorium für jüdische weibliche Lungenkranke (M.A. von Rothschildsche Lungenheilanstalt) eingerichtet. Die Stiftungsgründerin war Baronin Adelheid de Rothschild (1853-1935) aus Frankfurt. Neben 48 Krankenzimmern und Gesellschaftsräumen beherbergte das Gebäude auch eine Synagoge. Das Sanatorium wurde nach dem Willen der Stifterin orthodox geführt.
Für die in Nordrach verstorbenen Patientinnen der Lungenheilanstalt wurde im Untertal 1907 ein Friedhof angelegt (bis 1942 für 29 verstorbene Patientinnen, eine letzte Beisetzung 1977). Die schlichte Friedhofshalle ist erhalten.
Das Sanatorium konnte seine Arbeit auch nach 1933 zunächst relativ ungestört fortsetzen. Da eine Anweisung den Transport kranker Menschen ausschloss, blieben die Bewohner und Angestellten des Sanatoriums von der Deportation der badischen Juden am 22. Oktober 1940 verschont. Allerdings wurde Martin Wehl, der bei seinem Bruder auf Besuch war, abtransportiert. Im September 1942 räumte die Gestapo das Sanatorium. Ärzte, Personal und Patientinnen wurden nach Theresienstadt verschleppt, von wo aus die meisten nach Auschwitz kamen. Zwischen 1933 und 1943 lebten 116 Patientinnen und Angestellte in der Lungenheilstätte, von denen mindestens 56 ermordet wurden. Nach 1942 wurde das Sanatorium in ein SS-Mütterheim des Vereins „Lebensborn e.V." für schwangere Frauen vor und nach der Entbindung umgewandelt. Dieses Heim bestand bis zum 15. April 1945.
Heute ist das ehemalige Rothschildsche Sanatorium das Haus Bergblick des Sankt Georg Pflegeheimes (Träger: Oberrheinische Kliniken). Die frühere Gedenktafel an die Stifterin des Sanatoriums wurde im 100. Jahr der Stiftungsgründung und im 150. Geburtsjahr der Stifterin (Mai 2003) am Eingang des Klinikgeländes wieder angebracht.