Malsch Landkreis Karlsruhe
Die Malscher Gedenksteine sind das Werk von Vielen: Vom Jugendgemeinderat, von Konfirmandinnen und Konfirmanden, von Mitgliedern der Katholischen Jugend und vom Heimatverein Malsch und von vielen Malscher Bürgerinnen und Bürgern. Der Vor-Ort-Stein steht auf dem Kirchplatz, dem Sammelplatz der am 22. Oktober verschleppten Malscher Jüdinnen und Juden.
Beschreibung der Gedenksteine
Die Malscher Gedenksteine erinnern an eine Bima, ein Pult, von dem aus im jüdischen Gottesdienst Abschnitte aus einer aufgerollten Torarolle verlesen werden (Bima), Es waren 19 Jüdinnen und Juden die die Nationalsozialisten aus Malsch verschleppt wurden und es sind 19 Löcher, die in den Stein gebohrt wurden, um ihn aus dem Steinbruch herauszusprengen. Die 19 Bohrlöcher sind gut zu erkennen. Ein in den Stein geritzter Keimling steht für die Hoffnung auf eine künftige christlich-jüdische Freundschaft. Eine Ritzzeichnung erzählt die Geschichte einer mutigen Malscherin.
Jüdische Ortsgeschichte
Die Entstehung der jüdischen Gemeinde Malsch reicht in das 17. Jahrhundert zurück, als das Dorf zur Markgrafschaft Baden-Baden gehörte. Ihre Synagoge erbaute sie im 18. Jahrhundert, als 14 jüdische Familien im Dorf lebten. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde 1875 mit 320 Personen erreicht, das entsprach etwa 9 % der Ortsbevölkerung. Der größte Teil der jüdischen Familien von Malsch war im Viehhandel tätig; einige handelten mit Fellen und mit Schuhen.
Das Leben der jüdischen Gemeinde Malsch soll auch nach dem reichsweiten Boykottaufruf 1933 in ruhigen Bahnen verlaufen sein, doch am 10. November 1938, während des Novemberpogroms, zerschlugen SA-Männer aus Gaggenau die Schaufenster jüdischer Läden ein, auch die Synagoge setzten sie in Brand. Die jüdischen Männer wurden in das KZ-Dachau zwangsverbracht, das sie erst nach Wochen oder Monaten wieder verlassen durften, gegen das Versprechen der baldigen Auswanderung. Mehrere Malscher Jüdinnen und Juden hatten nach dem Pogrom versucht über Kuba in die USA zu emigrieren, doch ihrem Auswanderungsschiff „St. Louis" wurde die Einfahrt in den Hafen von New York verwehrt. Für die meisten Passagiere der „St. Louis“ bedeutete diese Abweisung später die Deportation nach Gurs bzw. in die Todeslager des Ostens.
Als am 22. Oktober 1940 zwanzig Jüdinnen und Juden auf dem Kirchplatz zusammengetrieben wurden, bewies eine christliche Malscherin Zivilcourage, wie ihre Tochter berichtete: „Auch meine jüdische Nachbarin Betty wurde abgeholt. Sie hatte meiner Mutter gerufen und gesagt: ‚Anna, die holen uns, helft mir doch!‘ Die Uniformierten waren erbarmungslos. Sie riefen nur ‚raus, raus‘ […]. Am Nachmittag zwischen 14.00 und 15.00 Uhr, kam eine Malscher Frau zu uns in den Hof und teilte meiner Mutter mit, dass diese Menschen immer noch am jetzigen Kirchplatz ohne Essen und Trinken ausharren müssen. Meine Mutter besorgte daraufhin in der Bäckerei Melcher eine Tasche voll Brötchen, bereitete zu Hause ein Kakaogetränk, holte einige Tassen und ging mit mir zum LKW auf den Kirchplatz. Ein Wachposten mit Gewehr wollte uns dann den Zutritt verwehren. Es gab ein Disput mit meiner Mutter, die ihm sagte, dass diese Menschen heute in aller Frühe abgeholt wurden ohne die Möglichkeit zu haben, noch etwas zu essen und zu trinken. Deshalb bringe ich ihnen jetzt was vorbei. Der Wachhabende antwortete meiner Mutter, ob sie nicht wisse, dass dies verboten ist. Daraufhin sagte meine Mutter ihm, er solle sich mal dort am Pfarrhaus den Aushang anschauen, damit ich etwas verteilen kann. Mit großen Augen drehte sich tatsächlich der Wachhabende um und ging in Richtung Pfarrhaus. Als er zurückkam, hatten die ersten schon die leeren Tassen wieder vom LKW heruntergegeben.“
Zeugnisse
Y Am Standort der ehemaligen Synagoge in der Malscher Hauptstraße erinnert eine kleine Gedenkstätte an die untergegangene jüdische Gemeinde Malschs.
■ Stolpersteine in Malsch: heimatfreunde-malsch.de/heimat-und-zeitgeschichte/jüdisches-leben-in-malsch/stolpersteine-zur-erinnerung-an-ermordete-juden