Malsch/Heidelberg
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Gedenkstein in Malsch/Heidelberg

49.2240327, 8.6542269

Jüdische Ortsgeschichte

Malsch bei Heidelberg Rhein-Neckar-Kreis

Das Team der Konfirmandenarbeit der Paulusgemeinde hat 2014 die Gedenksteine für Malsch erschaffen. Der Malscher VorOrtStein steht auf dem Unteren Dorfplatz

Beschreibung der Malscher Gedenksteine durch das Team der Konfirmandenarbeit:

„Am Anfang stand die Idee, einen abgehauenen Baumstumpf mit einem Spalt in der Mitte mit Stacheldraht zu umziehen. Das soll den grauenhaften Versuch symbolisieren, den Stamm des jüdischen Volkes durch Inhaftierung und Mord zu vernichten, Familien auseinander zu reißen, aber auch die große Kluft, die zwischen den Religionen entstanden ist. Später kam die Idee hinzu, die 15 deportierten Malscher Jüdinnen und Juden mit Weinblättern zu verkörpern und dem gespaltenen Stumpf einen neuen Trieb zu geben. Dieser steht für die Hoffnung und die Erfahrung, dass das alte Wort des Propheten Jesaja (11,1) sich erfüllt, wo es heißt: ‚Was von Davids Königshaus noch übrigbleibt, gleicht einem alten Baumstumpf. Doch er wird zu neuem Leben erwachen: Ein junger Trieb sprießt aus seinen Wurzeln hervor.‘ Dieser Bibelvers ist auf der Glasplatte eingraviert. Wir sind stolz darauf, dass wir einen Teil dazu beizutragen durften, dass unsere Gedenksteine Träger der Hoffnung sein dürfen.“

Jüdische Ortsgeschichte

Die Entstehung der jüdischen Gemeinde Malsch reicht in das 18. Jahrhundert zurück. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1885 mit 123 Personen erreicht. Bis nach 1933 gab es in Malsch an jüdischen Betrieben zwei Ladengeschäfte für Textilien und für Schuhe sowie eine Zigarrenfabrik im benachbarten Rot. Während des Novemberpogroms 1938 zerstörte ein Wieslocher SA-Kommando die Malscher Synagoge.

Die Organisation der Deportation am 22. Oktober 1940 war in Malsch dem dort ansässigen Polizeiposten übertragen. Er erstattete am 24. Oktober 1940 seinen Vorgesetzten Bericht über die Abholung der Malscher Jüdinnen und Juden: „Zufolge Weisung des Landratsamtes Heidelberg vom 21. Oktober 1940 [...] wurde am Dienstag, dem 22. Oktober 1940, auftragsgemäß die Juden-Sonderaktion in Malsch durchgeführt. Die Aktion wurde unter Hinzuziehung von 6 Gendarmerie- bzw. Polizeiwachtmeistern unter Führung des Unterzeichneten durchgeführt. Den in Frage kommenden Juden wurde am 22.10.1940 um 7.30 Uhr der Erlass des Ministeriums des Inneren und die Anordnungen der Gestapo-Stelle Heidelberg mündlich eröffnet. Die Juden nahmen die Eröffnung mit Bestürzung auf, fügten sich aber den getroffenen Anordnungen, so dass es in keinem Fall zu Weiterungen kam. Keiner der betroffenen Juden dürfte - ihrem Verhalten nach - vorher eine Ahnung von der Durchführung dieser Aktion gehabt haben. Jedem jüdischen Haushalt wurde ein Gendarm bzw. Polizeibeamter zur Aufsicht und Überwachung zugeteilt und haben die Juden den Anordnungen Folge geleistet. Nachdem die Juden ihre Sachen gepackt hatten, wurden sie unter Bewachung nach dem Rathaus in Malsch verbracht und von dort aus um 13.30 Uhr mittels Sonderfahrzeug durch die Geheime-Staatspolizei-Stelle in Heidelberg abgeholt.“

Unter den 15 Deportierten aus Malsch waren auch die Kinder Ruth Hamburger und Rolf Hess. Die 1930 geborene Ruth Hamburger wurde im Februar 1941 von Quäkern aus dem Lager Gurs in Sicherheit gebracht. In ihren Erinnerungen schreibt sie: „Ich überlebte, weil meine Eltern die schmerzhafte Entscheidung getroffen hatten, mich aus Gurs zu schicken, um in einem 170 km entfernten Kinderheim In den Pyrenäen zu leben, wo sie wussten, dass die Bedingungen besser wären. Vielleicht hatten sie schon gespürt, dass es meine beste Überlebenschance war. Andere Eltern beschlossen, ihre Familien intakt zu halten, ihre Kinder in den Internierungslagern bei sich zu behalten. Nur wenige dieser Kinder haben überlebt”. Ruth Hamburger emigrierte 1947 in die USA. Wie Ruth Hamburger, verdankte der 1934 geborene Rolf Hess sein Überleben den Quäkern, die ihn 1942 mit einem Kindertransport in die USA bringen ließen. Die Eltern der Kinder Ruth Hamburger und Rolf Hess wurden in Auschwitz ermordet. 1949 kehrte das Ehepaar Ludwig und Klara Heß, das die letzten Kriegsjahre in einem Altersheim bei Lyon verbracht hatte, nach 1949 Malsch zurück.[1]

Zeugnisse

In den Malscher Straßen erinnern Stolpersteine an die Opfer des Nationalsozialismus.

Y Auf dem Unteren Dorfplatz markieren quadratische Steinplatten den Grundriss der ehemaligen Synagoge und des jüdischen Ritualbades. Dort steht ein 1995 aufgestellter Gedenkstein in Form eines Findlings sowie eine Infotafel des Arbeitskreises „Jüdisches Leben in Malsch“.

 

[1] Brändle S.